Seit einem Monat sind der Direktor Anastasius Olivero und seine Agentinnen nun im Amt. Während die Fee Melisande sich in Wien um die österreichische Thronfolgerin kümmert, ist Vampira Swanhild auf der Jagd nach einer Mörderin.
Davon bekommt Odila OMalley, Zeitenspringerin mit Auszeichnung, nichts mit, denn ihre erste Mission führt sie zurück ins Jahr 1561. Ihre Aufgabe: Zwei zerstrittene Königinnen in Freundschaft verbinden. Es soll diese Reise ihre Feuertaufe werden, ein harmloser Auftakt, sich in Diplomatie zu üben. Zuversichtlich geht sie ans Werk, doch was sie in London erwartet, hat niemand vorhersehen können
Es ist ja nun schon Tradition: Sobald ich das erste Kapitel des aktuellen Romans geschrieben habe, stelle ich es online – mit allen Fehlern und Verdrehern, mit allem, was später ergänzt wird oder herausfliegt. Und jetzt also geht es weiter mit dem dritten Band um Oliveros Institut der Fantastik.
Professor Olivero
Nun, das ging schnell mit unserem Wiedersehen; gerade einmal vier Tage ist es her, seit wir einander zuletzt gegenüber standen. Wie es Sören geht, möchten Sie wissen, ob wir Sabenius gefasst haben und Gabriella Calibrini? In dieser kurzen Zeit?
Ich muss sagen, Sie haben eine hohe Meinung von meinen Mitarbeiterinnen und mir. Eine zu hohe leider. Wo fange ich an? Sie können sich denken, es waren unschöne Tage, in denen wir das Geschehen von allen Seiten betrachteten und uns stritten über das beste Vorgehen.
Oh bitte, schauen Sie nicht so entsetzt, es waren keine ernsthaften Streitigkeiten; es ist nur so, dass wir von unterschiedlichem Temperament sind. Wo ich dazu neige, entweder überstürzt zu handeln oder stundenlang in meinem Zimmer über das Wenn und Aber zu brüten, da begibt sich Swanhild kühlen Geistes auf den Weg und …
Nun, sagen wir so: Sie macht nicht gerne viele Worte und neigt zu endgültigen Lösungen. Woran ich mich gewöhnen muss, das hat sie unmissverständlich klargemacht; deswegen ist sie bei uns.
Melisande wiederum nimmt sich gerne eine Minute des ruhigen Nachdenkens, um hernach lächelnd auf den Verursacher ihrer Sorgen zuzugehen und mit Charme wie Zauber das Beste in ihm zum Vorschein zu bringen. Wo das nicht ausreicht, so ist sie durchaus willens, Feuer, Wasser und Nebel zu beschwören sie hat das eindrucksvoll während einiger Übungen im Garten bewiesen. Selbst Swanhild zeigte sich beeindruckt, als sie eine Feuerwand so hoch wie unser Haus aufflammen ließ. Das allerdings ist ein Zauber, der sie viel an Kraft kostet und dazu nicht unbemerkt bleibt; wahrhaftig gewahrten wir, wie einige der Flaneure am Rhein zu uns hinübersahen, obwohl die Allgemeinheit das Institut ansonsten nicht wahrzunehmen in der Lage ist.
Herr Inventoris bastelt bereits an einem Gerät, das Melisandes Feuer für uns alle trag- und nutzbar machen soll. Dessen Fertigstellung stellt er uns für den Jahreswechsel in Aussicht, was doch wohl bedeutet, er wird zumindest so lange noch bei uns bleiben. Ich glaube, es ist unser Sean, der ihn den Pensionseintritt verschieben lässt er hat große Freude an der Begabung des Jungen. Die beiden reden sogar beim Abendessen über nichts anderes als ihre absolut wahnwitzigen Ideen. Und wahnwitzig sind sie zumeist.
Wo war ich? Wie weit wir sind, genau. Nicht allzu weit, ich sagte es bereits. Im Moment scheinen unsere Aufgaben sich täglich zu vermehren und wir wissen uns kaum zu einigen, wie wir am besten vorgehen sollen.
Wie bitte?
Ah, gewiss, natürlich. Ich bin der Direktor des Instituts, das ist korrekt. Aber Sie wissen, ich lege Wert auf die Meinung meiner Mitarbeiterinnen und es liegt mir fern, mich als Regent aufzuspielen. Wie dumm wäre das auch? Allein unsere Vampira hat mir Jahrhunderte der Erfahrung voraus und sowohl Melisande wie auch Odila verfügen über magisches Talent, das mehr zählt als mein Titel.
Andererseits allerdings Ich habe mich durchaus entwickelt während des vergangenen Monats; es fällt mir zunehmend leichter, unsere Gesprächsrunden zu leiten und die Magie des Instituts zu kontrollieren. Das kommt mir gerade nun sehr zupass, da wir nach wie vor zu zehnt unter diesem Dach wohnen; ja, die meiste Zeit über sind wir zu elft, wann immer es Evelines Pflichten als Vestalin zulassen. Eben jetzt in diesem Augenblick wacht sie – wenige Meter von uns entfernt – im Tempel am ewigen Feuer.
Erstaunlich, wie unterschiedlich Schwestern sein können. Eveline von Isselheim ist so sanft und liebenswert wie ihre Schwester Insabeau wild und boshaft ist. Wobei: Das lässt Eveline nicht gelten. Sie verurteilt das Handeln ihrer Schwester aufs Schärfste, dennoch möchte sie Insabeau retten, die seit ihrem Zusammentreffen mit Sabenius zu oft, zu lange, zu intensiv sich in andere Menschen verwandelt und so einem schnellen und schmerzhaften Tod entgegeneilt, ohne es selbst zu bemerken. Ein Schicksal, vor dem Eveline sie bewahrt sehen will.
Falscher Ehrgeiz, missverstandene Freiheit und verliebter Gehorsam hätten die Schwester zu Sabenius’ williger Gefährtin gemacht. Und die schlechte Behandlung, die sie von Kindheit an erfahren habe. Sehr eindrücklich hat Eveline uns berichtet, wie es sich anfühlt, als Metamorpha groß zu werden gebunden von den Ordnenden Mächten, das Talent zur Umwandlung qualvoll unterdrückt, beständig leidend an dem innewohnenden Drang, sich auszuprobieren, vergehend fast an dem Zwang, dies nicht tun zu können. Dazu das Wissen, immerzu beobachtet zu werden, denn wahrhaftig existieren geheime Wächter, die in der Nähe der Metamorphen-Familien leben und sich sogar darum bemühen, ihre Anwesenheit spürbar zu machen.
Als Eveline das erzählte, wandte Melisande sich erbost an Fräulein Fortunati und Herrn Custodis als die Vertreter der Ordnenden Mächte. Eine geheime Ordnungsmacht also gäbe es, die nicht dem Institut unterstünde? Von der wir nicht einmal wussten? Und wo blieben bei derlei Machenschaften all die hehren Ansprüche, die die Ordnenden Mächte an sich selbst stellten? Einmischen wollten die sich doch nicht? Das aber sähe sehr nach Einmischung der übelsten Sorte aus und eine solche Gängelei hätte auch aus der mildtätigsten Fee eine arglistige Zauberin gemacht!
Doch unsere Ewigen waren so entsetzt wie wir. Natürlich hatten sie gewusst, dass die Metamorphen gebunden wurden, und dafür gab es Gründe sehr, sehr gute Gründe! Dass damit aber ein spürbares Leid für die Gestaltenwandler einhergehe, das hatten sie nie zuvor erfahren. Wie sollten sie auch? Noch nie war eine Metamorpha in diesem Institut gewesen und da die Ewigen weder das Stammhaus noch die Dependancen verlassen können, waren sie darauf angewiesen, den Versicherungen der Ordnenden Mächte zu glauben.
Dass Herr Custodis und Fräulein Fortunati das nicht in dem Maße tun, wie es von ihnen erwartet wird, das dürften Sie bereits bemerkt haben, doch das Ausmaß ihrer Kritik hat uns alle überrascht. Sie sind loyal, das unbedingt, denn die Ordnenden Mächte waren es ja, die die Institute gründeten und mit ihrer überlegenen Geisteskraft die passenden Direktorinnen und Agenten finden. Sie halten den Kontakt mit den Feen von Avalon und den Clans der Strigoi. Und nur dank ihres Tuns ist unsere Welt ein wesentlich hellerer, gerechterer und friedlicherer Ort, vergleichen wir uns mit der Anderen Welt.
Allerdings schweigen sie nun und besonders Fräulein Fortunati ist erzürnt ob ihrer Weigerung, uns mit Rat und Tat beizustehen. Gute Güte, da existiert also eine Dunkelste Welt, die bereits Versuche unternommen hat, uns anzugreifen. Und was hören wir? Nichts. Absolut nichts!
Zumindest drei unserer Magischen Quellen sind mit der Düsternis verbunden; Verbindungen, die wir notdürftig gekappt haben. Doch wie steht es in den anderen Magischen Bereichen? Existieren solche Eingänge nicht auch dort? Davon müssen wir den Gesetzen der Wahrscheinlichkeit nach ausgehen. Auch in der Geschichte der Neuen Welt kam es zu Hexenerscheinungen und unerklärlichem Spuk und es sollte mich wundern, hinge das nicht auch mit Verbindungen zwischen Brunnen und Quellen zusammen.
Aber überprüfen die anderen Institute diese Möglichkeit?
Nein, sie tun es nicht, denn sie wissen nichts von der Dunkelsten Welt.
Und weshalb wissen sie es nicht?
Weil die Ordnenden Mächte keine Konferenz einberufen, sondern schweigen, schweigen, schweigen!
Warum?
Wir wissen es nicht. Wir wissen es nicht! Unsere Ewigen tun ihr Bestes, sie zu einer Antwort zu bewegen, doch auch ihnen wird keine Auskunft zuteil. Hieß es anfangs noch, man werde sich melden, so kommt nun gar nichts mehr.
Gut, ganz allein stehen wir nicht: Natürlich weiß Sören von all dem, kann aber nichts tun in seinem momentanen Zustand. Und die Selinowa von der Moskauer Zentrale für Edelmut weiß ebenfalls Bescheid; mit ihr kommuniziere ich unerlaubt und hoffentlich unerkannt von den Ordnenden Mächten über unsere Traumbüros; ich bin in jeder Sekunde dort oben, die ich erübrigen kann. Wir schreiben uns Briefe oder treffen uns sogar persönlich, was allerdings selten über wenige Minuten hinausgeht, denn die Direktorin Russias hat sich einen strengen Zeitplan auferlegt. Eine beeindruckende Person ist sie.
Den Großteil meiner Zeit aber verbringe ich mit Sören, das versteht sich von selbst. Er braucht meine Unterstützung: Seelisch und intellektuell; aufmunternd, tröstend und zuversichtlich braucht er mich, denn es geht ihm oftmals ausgesprochen schlecht.