Kategorie: Frauengeschichte

  • Liberté, égalité et fraternité … Wo bleiben die Schwestern?

    Liberté, égalité et fraternité … Wo bleiben die Schwestern?

    Madame Roland:
    Rechte nein, Hinrichtung ja

    Die Französische Revolution. Tja. Also. Je nachdem, von welchem Standpunkt man sie betrachtet, wird man von diesem Ereignis als dem großen Freiheitskampf sprechen, der für eine gerechtere Staatsform gesorgt hat und die Menschenrechte in Europa verankert hat. Man wird über die armen Bauern sprechen, über den dekadenten Adel und absolute Monarchen, über Hunger, Elend und Willkür. Den terreur wird man natürlich abscheulich finden und grauenvoll, sich dabei vielleicht ein bisschen angenehm gruseln, aber insgesamt eher die Errungenschaften dieser Revolution betonen.
    Gut, ok, danach kamen dann erst einmal ein Kaiser und dann wahrhaftig die beiden jüngeren Brüder von Louis XVI (die dafür nun wirklich nicht erzogen worden waren) als Könige auf den Thron. Dann wieder Kaiserreich und insgesamt ungezählte Republiken nebst zwei weiteren, nicht ganz so gewaltigen Revolutionen. Hmm. Man könnte meinen, die Franzosen haben sich so richtig ins Zeug gelegt für Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit.

    Dass die Französinnen erst 1944 das Recht erhielten, sich an Wahlen zu beteiligen, ist vor diesem Hintergrund ein Armutszeugnis. Mehr noch deshalb, weil vor der Revolution (und das nicht nur aus heutiger Sicht) das 18. Jahrhundert als ein Jahrhundert der Frauen galt. Nicht nur, aber besonders in Frankreich.
    Autorinnen, Schauspielerinnen, Salonièren, Spioninnen, Malerinnen, Sängerinnen, Lehrerinnen, Mätressen, Fürstinnen und Königinnen: Ihr Wort hatte Gewicht, man erkannte ihr Talent an, verehrte und würdigte sie. Selbstverständlich immer im Rahmen, das ist heute noch immer nicht anders. Bestimmt hat auch damals schon so manche kluge Frau vor Wut in die Kissen geschlagen, weil sie sich wieder und wieder anhören durfte, das, was sie täte, habe sie sehr gut getan. Für eine Frau gut getan.
    Dennoch: Trotz vielen Hindernissen und dümmlichen Ideen heute noch bewunderter männlicher Denker. Rousseau anyone? Goethe? Die wussten genau, welchen Platz eine Frau hatte. Und konnten doch nicht verhindern, dass die Damen sich ihren Platz selbst suchten, besten Dank auch, die Herren. Und diese Damen stammten nicht alle aus begüterten und hochstehenden Familien; manch eine hat sich ihren Weg mühsam erkämpft und erarbeitet – mit Lesen lernen, Klinken putzen, außerhalb der Gesellschaft stehen, weitermachen.
    Und dann auf einmal hörte man ihnen zu, dann lobte man ihren neuen Roman oder den besonderen Federstrich, der ihre Gemälde auszeichnete. Auch Mätressen wie die Pompadour oder in etwas bescheidenerem Maße die Dubarry waren mehr als nur Geliebte eines Königs. Sie waren bestimmend für millionenschwere Branchen wie Mode, Malerei und Musik, die förderten eben jene Denker und Dichter, die es ihnen übel vergolten.

    Aber nicht nur in diesen eher schöngeistigen Bereichen waren Frauen tätig. Sie führten Geschäfte, oftmals nach dem Tod des Gatten, und es ist vielleicht von Bedeutung, dass Witwen nur selten nochmal heirateten. Wieso die schöne Freiheit aufgeben? Da wäre in Bonn beispielsweise die Witwe Koch gewesen, die den Gasthof Zehrgarten am Markt führte und die diesem Geschäft eine Buchhandlung unter demselben Dach zufügte. Ihre Tochter Barbara, Babette genannt, gehörte zum Freundeskreis rund um Ludwig van Beethoven und galt als die schönste, klügste, gebildetste Frau der Stadt, der alle zu Füßen lagen. Geheiratet hat sie erst mit über dreißig – auch das, das späte Heiraten, war etwas durchaus übliches zumindest in rheinischen Landen. Siebenundzwanzig war das Durchschnittsalter.
    Doch zurück zur Mutter: Die nämlich lebte bald schon mit einem Hausfreund zusammen, den sie niemals heiratete, Was ihrem guten Ruf, sogar beim Kurfürsten, keinen Abbruch tat. Natürlich war in diesem Jahrhundert nicht alles eitel Sonnenschein für Frauen, aber es war seit langer, langer Zeit endlich einmal so, dass man mit Hoffnung für die Töchter und Enkelinnen nach vorne blickten konnte. Und das auch tat.

    Blöd nur, dass mit der Revolution, die sich ganz, ganz schnell nur auf den Mann konzentrierte, das zuvor durchaus positive bürgerliche Ideal bestimmend wurde. Bürgerlich – das war im 18. Jahrhundert gleichbedeutend mit links (hätte es den Ausdruck schon gegeben), mit progressiv und gerecht. Der Adel galt als dekadent und unmoralisch – unmoralisch im Sinne von menschenverachtend, keiner Tugend wie Güte, Nächstenliebe, Mitleid und Aufrichtigkeit unterworfen. Das Bürgertum dagegen reklamierte für sich all diese guten Eigenschaften.
    Für was steht bürgerlich heute? Für konservativ, unbeweglich, spießig. Für enge Moralvorstellungen. Nicht ohne Grund, denn all die Tugenden waren keine Ideale mehr nach der Revolution, sondern Pflicht. Für Frauen. Jungfräulichkeit, Scham, Schweigen, Gehorsam – das galt auf einmal mehr, erzog man eine Tochter, als Rhetorik und Bildung, die eine Frau befähigt hätten, dem Gemahl echte Gefährtin zu sein. Nun war sie sein Besitz, mehr als zuvor. Im gesamten 19. Jahrhundert ging es Frauen deutlich schlechter als zuvor. Die Französische Revolution hatte mit ihnen abgerechnet – da war endlich auch die Gelegenheit des kleinen Mannes, mit diesen Frauen kurzen Prozess zu machen, die es gewagt hatten, sich zu amüsieren über männliches Gehabe, die sogar Stellen am Hof innehaben konnten, die gefeiert wurden als Künstlerinnen.

    Natürlich ist das eine sehr verkürzte Darstellung, absoluter und unbedingter geschildert, als es überall und für jede galt. Aber an so vielen Kleinigkeiten ist diese Veränderung gut abzulesen. Modezeichnungen beispielsweise: Schauten die Damen um 1780 stolz aus den Magazinen, so sah man mit dem Fortschritten des 19. Jahrhunderts immer öfter liebliche Zeichnungen von schüchternen Fräulein, die einander liebevoll umarmten und wie Lady Di von unten zum Zeichner aufzublicken schienen. Oder eine Jane Austen, die noch im Sinne des vorherigen Jahrhunderts erzogen worden ist, die einen Vater hatte, der es normal fand, dass seine Töchter alles lesen durfte, was in seinem Haus zu finden war – sie galt ihrer eigenen, nachgeborenen Familie als wenig vornehm, als schlecht erzogen, als viel zu unweiblich und peinlich. Was die Schwester Cassandra nicht aus Taktgefühl an Briefen vernichtet hatte, zerstörten nun die Neffen und Nichten aus Scham und Ekel.

    Bis man wieder von einer Zeit der Frau sprechen konnte, musste es 1925 werden. Und wir wissen, wie schnell diese Zeit wieder zu Ende war. Jetzt eben, heute, erleben wir den nächsten Backlash, den nächsten, schon wieder viel zu erfolgreichen Versuch, Frauen (und damit immer ein halbes Volk) zurückzudrängen und mundtot zu machen. Wenn Frauen in den USA wieder Angst davor haben müssen, ungewollt schwanger und damit dem sozialen Abstieg entgegenzusehen oder in einer lieblosen Ehe gefangen zu bleiben, dann haben sie nicht die Kraft, sich gegen andere Veränderungen zu wehren).

    Sicherlich ist es auch kein Zufall, dass Olympe auf dieser Zeichnung nicht nur zum Opfer der Guillotine wurde, sondern dazu noch mehr oder weniger nackt dargestellt wurde.

    Wie sehr die Revolution allein für den Mann gedacht war, machten die jeweils (ich füge schadenfroh und brutal hinzu: oft nur kurz) Herrschenden immer wieder klar. Es war nicht vorgesehen, dass Frauen wählen sollten oder gewählt werden konnten. Das einzige Recht, das sie mit den Männern teilten, war das Recht, hingerichtet zu werden. Als Olympe de Gouges (wer sie nicht kennen sollte, bitte googlen, sonst muss ich nämlich einen Roman über sie verfassen und gerade heute ist mir die Zeit doch ein wenig knapp :D) 1791 in Antwort auf die Zustände die Frauenrechtserklärung verfasste und dafür sehr, sehr, sehr viel Zuspruch – durchaus auch von, zu allen Zeiten auch vorhandenen, gerechten Männern – erhielt, geriet sie in Gefahr. Man behielt sie im Augen, hetzte gegen sie und andere Frauen. Sie, die aus kleinen Verhältnissen stammte und überhaupt erst das Lesen erlernen musste, war mit ihren Schriften eine ernstzunehmende Gegnerin der Verhältnisse und bald auch Robespierres.

    1793, kurz nach Marie Antoinette, wurde sie hingerichtet, bald nach ihr auch Madame Roland. Alle drei starben, so gestand man ihnen durchaus widerwillig zu, voller Würde, ruhig und scheinbar gelassen.
    (Dass das vielleicht der falsche Weg war, um die Schreckensherrschaft zu beenden, zeigte eine Aussage des Henkers Sanson, der meinte, wären alle so zum Schafott gegangen wie die unglückselige Dubarry, dann hätte es bald keine Hinrichtungen mehr gegeben. Die nämlich hatte gekämpft, um sich geschlagen, gebissen und gekratzte, sie hatte geweint, um Gnade gefleht und geflucht, bis das Publikum es kaum noch ertragen konnte und die Stimmung zu ihren Gunsten kippte. Sie verausgabte sich so sehr, dass sie vermutlich bewusstlos war, als man sie köpfte.)
    Aber Olympe de Gouges ging aufrecht in den Tod, still und gefasst. Die Zeitungen der Republik ließen keinen Zweifel daran, worin ihr Verbrechen bestand:

    So führt das Revolutionstribunal den Frauen ein wichtiges Exempel vor Augen, das zweifelsohne für sie nicht ohne Bedeutung sein wird. Denn die Gerechtigkeit, immer unparteiisch, stellt der Strenge die Lehre zur Seite […] Olympe de Gouges wollte Staatsmann werden, und es scheint, dass die Verschwörerin vom Gesetz gestraft wurde, weil sie die Tugenden, die ihrem Geschlecht gebühren, verleugnete. […] Frauen […] liebt, achtet und tragt die Gesetze weiter, die Eure Gatten […] an die Ausübung ihrer Rechte gemahnen […] Seid schlicht in Eurer Kleidung, fleißig in Eurem Haushalt. Geht niemals in die Volksversammlungen mit dem Wunsch, dort selbst zu sprechen…«

    (Salut Public, Organ der Republik. November 1793) über fembio

    Vermutlich hätte Madame de Condorcet schon damals dieselbe Antwort auf diesen Artikel geben können, die sie1795 Napoleon, damals noch General Bonaparte, gab. Der nämlich meinte bei einem Besuch in ihrem Haus:
    „Ich liebe es nicht, dass die Frauen sich in Politik mischen.“
    „In einem Lande, wo man ihnen die Köpfe abschneidet, ist es begreiflich, dass sie Lust bekommen zu wissen, warum dies geschieht.“
    Aber wenn es in den letzten Jahren der Neunziger noch einige einflussreiche Salons geistreicher Damen gab, änderte das nichts daran, dass für die Frauen die Revolution verloren war. Nur wenige Männer, eben Monsieur de Condorcet und der Abbé Sieyès, setzten sich für eine Verbesserung weiblichen Lebens ein.
    Wer sich übrigens ebenfalls für mehr Bildung und Mitsprache der Frauen stark gemacht hatte, war ausgerechnet Robespierre. Davon aber wollte er nichts mehr wissen, nachdem die Revolution voranschritt – er kam nach oben, weil er sich lange nach der herrschenden Meinung der Kollegen richtete und diese zu seiner eigenen machte. Von Frauen im Konvent wollten die meisten nichts wissen. Wie anders wäre nicht nur die Revolution, sondern die nachfolgende Geschichte überhaupt verlaufen, hätte er sich seiner früheren Überzeugung besonnen?

    Nun, im nächsten Jahrhundert werden immer mehr Schriften dazu veröffentlicht, wie eine Frau zu sein hat und wie nicht. Ihr Wirkungskreis beschränkt sich aufs Haus und auch da hat sie bitte demütig und gehorsam zu sein. Gerne auch hübsch und nett angezogen, aber vor allem hübsch sparsam und sittsam angezogen. An der Frauensterblichkeit durch Geburten ändert sich bald hundert Jahre lang nichts – Frauenmedizin ist nicht wichtig, das ist halt die Natur, da kann man nichts machen. Freiheit und Gleichheit – die hat man nur für andere erkämpft, für die Schwestern sicher nicht.

    Fassen wir noch einmal zusammen (mit Quellen):

    Das 18. Jahrhundert in Westeuropa gilt als Jahrhundert der Frauen, weil Frauen:

    • eine wichtige Rolle in der Kultur, der Literatur, der Philosophie und der Politik spielten. Sie organisierten Salons, schrieben Briefe, die zeitgenössische Ansichten und Anekdoten festhielten, veröffentlichten Werke unterschiedlichster Art (Romane, philosophische Betrachtungen und wissenschaftliche Abhandlungen) und beeinflussten das Denken ihrer Zeitgenossen durch all diese Unternehmungen.
      (vgl. Goodman, Dena: The Republic of Letters: A Cultural History of the French Enlightenment. Ithaca: Cornell University Press, 1994.)
    • mehr Bildung und Freiheit genossen als in früheren Jahrhunderten – die Zeit der Hexenverfolgung war noch nicht so lange her (ihr fielen vor allem Frauen zum Opfer). Sie konnten sich selbstständig machen, reisen, sich fortbilden und künstlerisch ausdrücken. Was sicherlich auch immer von den Umständen abhing. Vermögen, Charme und Schönheit halfen dabei beträchtlich.
      (vgl. Landes, Joan B.: Women and the Public Sphere in the Age of the French Revolution. Ithaca: Cornell University Press, 1988.)

    Die französische Revolution hat das gründlich geändert, indem sie:

    • die bestehende Gesellschaftsordnung zerstörte und eine neue schuf, die auf den Prinzipien der Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit basierte. Diese Prinzipien galten jedoch nur für die männlichen Bürger, nicht für die Frauen. Wobei festzuhalten ist, wie viele Frauen die Ideale eines Rousseaus beispielsweise erstrebenswert fanden, ohne zu ahnen, einen wie schlechten Dienst sie sich damit taten.
      (vgl. Hunt, Lynn: The Family Romance of the French Revolution. Berkeley: University of California Press, 1992.
      Madame de Pompadour und die Macht der Inszenierung, 2014)
    • die Frauen von der politischen Beteiligung explizit ausschloss und ihre Rolle auf die Familie und die Nation beschränkte. Die Frauen wurden als Mütter, Ehefrauen und Töchter angesehen, die den Männern untergeordnet waren.
      (vgl. Scott, Joan W.: Only Paradoxes to Offer: French Feminists and the Rights of Man. Cambridge: Harvard University Press, 1996.)
    • die Frauen von der kulturellen Szene verdrängte und ihre Werke zensierte oder sogar vernichtete. Weil nicht sein konnte, was nicht sein durfte. Sie wurden als gefährlich, unvernünftig und/oder unmoralisch dargestellt, die den Fortschritt der Revolution behinderten oder bedrohten. Das blieb auch noch so, als von der Revolution schon lange keine Rede mehr war.
      (vgl. Darnton, Robert: The Forbidden Best-Sellers of Pre-Revolutionary France. New York: W.W. Norton & Company, 1996.)

    Wie wäre es zum Schluss mit einem Zitat von Madame Roland? Die natürlich ebenfalls hingerichtet wurde – Gleichheit gibt es nur im Tod.

    “ En vérité, je suis bien ennuyée d’être une femme : il me fallait une autre âme, ou un autre sexe, ou un autre siècle. Je devais naître femme spartiate ou romaine, ou du moins homme français. […] Mon esprit et mon coeur trouvent de toute part les entraves de l’opinion, les fers des préjugés, et toute ma force s’épuise à secouer vainement mes chaînes. O liberté, idole des âmes fortes, aliment des vertus, tu n’es pour moi qu’un nom !“

    “Ich bin wahrlich sehr verärgert, eine Frau zu sein: Ich bräuchte eine andere Seele oder ein anderes Geschlecht oder ein anderes Jahrhundert. Ich hätte als spartanische oder römische Frau geboren werden sollen oder zumindest als französischer Mann. […] Mein Verstand und mein Herz stoßen überall auf Hindernisse in Form von Meinungen und auf Fesseln des Vorurteils, und all meine Kraft wird vergeblich verschwendet, um meine Ketten abzuschütteln. O Freiheit, du Idol der starken Seelen, Nahrung der Tugend, du bist für mich nur ein Name!”

    Erinnerungen von Madame Roland – Jeanne-Marie oder Manon Philippon (1754-1793).
  • Marie Antoinette: Nach Paris.

    Marie Antoinette: Nach Paris.

    Vor über 220 Jahren, zweieinhalb Wochen vor ihrem 38. Geburstag, verlor Marie Antoinette ihren Kopf zum letzten Mal. Und ist damit die dritte Königin in meiner Reihe geschichtlich bedeutender Frauen, die eines gewaltsamen Todes starb. Doch während Anne Boleyn und Maria Stuart als Königinnen und in einer ungefähren Privatheit starben, eingehüllt in morbide Würde und dem Bewußtsein historischer Bedeutung, wurde Marie Antoinette einer blutberauschten, feindlichen Menge vorgeführt.
    Doch nicht nur der Tod verbindet diese drei Frauen: Frankreich mit seiner Kultur, seiner Mode, seiner Redekunst spielte eine wichtige Rolle für jede von ihnen. Dazu wurden und werden alle drei bis heute als Schlampen, als unsittliche und egoistische Weibsbilder beschimpft und verleumdet. Im Falle Marie Antoinettes nahm diese Verleumdung ein nie gekanntes Ausmaß an; jeder Shitstorm heute ist eine sanfte Brise gegen all die Pamphlete, von denen eine ganze Industrie lebte und die ihr alleine gewidmet waren. Und noch etwas verbinden Anne Boleyn und Marie Antoinette: sie waren die beiden Frauen, von denen Wallis Simpson so fasziniert war, dass sie über sie las, was sie nur finden konnte – so schließen sich manche Kreise an unerwarteter Stelle.

    Die jüngste Tochter Maria Theresias, Kaiserin Östereichs und Königin der Ungarn, starb als Witwe Capet nach Jahren des Grauens alleine und verhaßt unter dem Fallbeil der Guillotine. Nicht unbedingt das Schicksal, das königlichen Kindsbräuten vorherbestimmt war. Wie kam es dazu? War sie wirklich die grausame Bestie, die gleichgültige Hure und die das französische Volk aussaugende Ausländerin, die die Schuld an ihrem Schicksal trug? Oder war sie die heroische Gestalt, als die sie in manch royalistischem Forum gilt? Eine nur zufällig real existierende Person, die durch ihre Lebenstragödie den Liebhabern von Kitsch und Tratsch herrlich tränenumflorte Augenblicke unendlicher Romantik bietet – gleich neben einem triefnassen Mr. Darcy und einer photogeshoppten Sophie Scholl? Die Originalbarbie gar, die sich ihre Welt rosarot malte, bis sie dem wahren Leben ins Gesicht schauen musste? Oder aber eine Frau, deren Lebensweg sich kaum eine von uns wünscht und die durch ihre Persönlichkeit nicht für die Umwälzungen gemacht war, die auf die Gesellschaft des Rokoko zukam?

    Maria Theresia im Kreise ihrer Familie

    Am 2. November 1755 wurde in Wien wieder einmal eine kleine Erzherzogin geboren; Maria Theresia und Franz Stephan von Lothringen hatten aus Liebe geheiratet und sich diese auch über 16 Kinder hinweg erhalten. Nicht nur das war ungewöhnlich in dieser Zeit, sondern auch die klare Rollenverteilung der Familie: während Mama sich um einen großen Teil Europas kümmerte und Königsbräute und -gatten für dessen Höfe bereitstellte, besorgte Papa den Haushalt und war für Kind und Katz zuständig. Trotz der königlichen Herkunft war das Leben der Habsburger Kinderschar frei und unbeschwert: was Mama nicht erlaubte, ließ Papa doch zu. Zwar hatte die Kaiserin für all ihre Kinder einen strengen Bildungsplan entworfen, doch gelang es gerade der kleinen Maria Antonia Josepha Johanna, allzu viel Lernerei aus dem Weg zu gehen und sich mit Musik, Tanz und Theater zu amüsieren – auch dies waren Beschäftigungen, die von den Eltern gerne gesehen wurden, war doch die ganze Familie musikbesessen. So kam es auch zu der viel berichteten Anekdote, in der das Wunderkind Wolfgang Amadeus kundtat, Maria Antonia heiraten zu wollen – gar zu neckisch waren die beiden Kinder in ihrer Tändelei anzusehen; niemand ahnte, dass beiden kein langes und glückliches Leben gegönnt sein würde.

    Als sie zehn Jahre alt war, starb der geliebte Vater, der für seine Kinder der Mittelpunkt der Familie war; ihre Trauer war sicher groß, doch spielten die Gefühle von Kindern keine Rolle, wenn es um Politik ging. Nachdem die Kaiserin das jahrhundertealte Motto des Hauses Habsburg „Tu, felix Austria, nube“ – „Du, glückliches Österreich, heirate“ (im Gegensatz zur gewaltsamen Gebietsübernahme anderer Häuser, so weit die Theorie) – besser umsetzte als alle ihre Vorgänger, sollte nun ihr ehrgeizigstes Projekt Realität werden: der endgültige Frieden mit dem Erbfeind Frankreich. Mit Bourbonen aller Linien waren schon viele ihrer älteren Kinder verheiratet worden, nun sollte der Hauptgewinn errungen werden: der Dauphin, Thronfolger Frankreichs.
    Übrig blieb Maria Antonia, die nun erst von ihrer Mutter genau betrachtet wurde. Zwar hatte auch dieses Kind sich fügen und seit frühester Kindheit ein Korsett tragen müssen, um königliche Haltung zu erlangen und zu bewahren, doch ansonsten erschien sie der Kaiserin noch seltsam kindlich und unperfekt. Maria Antonia war 11 Jahre alt, neigte zum Träumen, konzentrierte sich schlecht und selten, trällerte und tanzte den Großteil des Tages vor sich hin und galt als freundliches und munteres Mädchen, das keinerlei Interesse an hochgeistiger Literatur oder tiefsinnigen Gesprächen hatte. Da lag einiges an Arbeit vor beiden, Mutter wie Tochter.
    Es wurden französische Lehrmeister bestellt, die sie mit Sprache, Tanz, Kleidung und vor allem der Etikette des französischen Hofes vertraut machen sollten. Von nun an wurde jeder Schritt und jedes Wort der jungen Erzherzogin wahrgenommen und weiter getragen, sowohl zur Kaiserin wie auch zum französischen König. Kein Vater war mehr da, der mit ihr scherzte und spielte, dafür gab es Regeln, Regeln, Regeln. Sie fügte sich – oberflächlich. Und nahm doch keine der Vorschriften und Vorhaltungen ernst. Sie spielte und tändelte und sonnte sich in der Aufmerksamkeit, die bislang niemals ihr gegolten hatte. Bei einem Stall voller Geschwister und einem Weltreich als Konkurrenz kein Wunder.

    Die 16jährige Marie Antoinette

    Und dann kam der große Augenblick, auf den ihre Mutter hingearbeitet hatte: Ludwig XV. bat für seinen Enkel, den Dauphin, um die Hand Maria Antonias. Ihre Mutter sei ambivalent gewesen, so schimmert es durch die Quellen. Endlich hat sie ihr Ziel erreicht, doch bei einem Blick auf ihre (trotz allem) geliebte Tochter wird es ihr anders: ihre Ausbildung lässt so sehr zu wünschen übrig wie ihre Einsicht und ihr Verständnis für das, was um sie vorgeht und was es bedeuten wird, die Dauphine und eines Tages die Königin Frankreichs zu sein. Immer wieder führt sie ernste Gespräche mit diesem gutmütigen und offenem Mädchen, aber ihre Aufmerksamkeit kann sie nur selten erringen und sie zweifelt, ob ausgerechnet dieses Spielkind der Aufgabe gewachsen sein wird, Frankreich mit ihrem Mann zu regieren, der als mundfaul, unsicher und ungelenk gilt. Auch ist ihr der französische Hof mit seinen Maitressen, seiner Dekadenz und Verschwendungssucht nicht angenehm – ein größerer Gegensatz zu dem sittenstrengen und eher kargen Haushalt der Habsburger ist kaum vorstellbar. Ja, Maria Theresia macht sich große Sorgen um ihre Tochter. Doch das Ziel ist erreicht und so findet die Hochzeit zwischen den beiden Jugendlichen statt.

    Unsere kleine Erzherzogin ist 14 Jahre alt, als sie am 19. April 1770 in Wien verheiratet wird. Der Bräutigam ist nicht anwesend, denn die eigentliche Hochzeit soll in Frankreich stattfinden. Ein von Frankreich entsandter Diplomat füllt den Platz des Dauphins stellvertretend aus. Noch ist sie zu Hause, noch hat ihre Mutter Zeit, ihr alles Wichtige mitzugeben – in den letzten Wochen schlafen Mutter und Tochter im gleichen Gemach und sicherlich wird Maria Theresia auch Aufklärung über das Wesen des Ehebettes gegeben haben; auch in ihren späteren Briefen an die Tochter wird sie immer wieder nachfragen, nachhaken und drängen: verschaffe dir den Thronfolger!
    Zwei Tage nach der Stellvertreterhochzeit verlässt Maria Antonia Österreich für immer und macht sich auf den Weg in ihre Zukunft. Doch vor der Ankunft in Paris steht noch ein mittelalterlicher Brauch, der ihr nicht erspart wird, trotzdem wir uns im Zeitalter der Aufklärung befinden. Die Franzosen schätzen ihre ausländischen Bräute nicht besonders und wünschen entweder eine möglichst rasche Anpassung oder aber eine Königin, die in ihrer Seltsamkeit zurückgezogen und unsichtbar im Palast lebt. Die beiden letzten Königinnen, aus Spanien und Polen stammend, wurden von niemandem beachtet und konnten sich so in Ruhe ihren Stoßgebeten, Stickereien und Schokoladen widmen; politisch und gesellschaftlich spielten sie keine Rolle und das wurde auch nicht von ihnen erwartet. Für den Glanz den Hofes, seine Mode und seinen Esprit war die Maîtresse en tître, die offizielle Geliebte des Königs, zuständig. Madame de Montespan für Louis XIV. und Madame de Pompadour für Louis XV. waren die perfekte Besetzung für dieses Amt. Und hier dürfen wir einmal spekulieren, wie Antonias Leben verlaufen wäre, hätte sie noch Madame de Pompadour treffen dürfen anstatt ihrer Nachfolgerin Madame Dubarry. Aber das führt uns heute doch zu weit (wobei, ich muss das jetzt sagen: hätte ich jemanden treffen dürfen aus der Geschichte, es wäre Jeanne-Antoinette Poisson gewesen).

    Nun, Maria Antonia sollte und musste zu Marie Antoinette werden und nichts österreichisches sollte an ihr verbleiben und das war ernst gemeint. Am 7. Mai trifft sie mitsamt ihrem Gefolge auf einer unbewohnten Rheininsel vor Straßburg ein, wo sie dem französischen Volke übergeben wird. Dem voraus gingen unendliche Streitereien zwischen den Diplomaten beider Länder – statt eines Bündnisses fand hier ein Wettbewerb statt um Einfluß, Rechthaberei und Vormachtstellung. Es wurde ein Pavillon errichtet mit drei Räumen. In den ersten trat Maria Antonia als Österreicherin, die sich dort all ihrer Kleidung und all ihrer Gefährten entledigen musste. In den zweiten Raum kam sie als Braut, die um die Aufnahme in Frankreich bittet. Eine Vierzehnjährige, die beim Abschied von ihrer Mutter bitterlich weinte und nun nackt und bloß vor fremden Menschen stand, die ihr diese Prozedur um ihrer eigenen Wichtigkeit wegen zumuteten. Schnell wurde sie in das dritte Räumchen geführt, in dem sie mit den prachtvollsten Kleidern und Preziosen ausgestattet wurde, die Frankreich zu bieten hatte – ein komplettes Makeover sozusagen, das aus ihr Marie Antoinette, Dauphine von Frankreich, machte. Das ist Stoff, aus dem Märchen gemacht werden.

    Marie Antoinette und Louis Auguste – Liebe kann warten

    Die Reise ging über Straßburg nach Paris, es gab Feste über Feste und schon leicht erschöpft traf Marie Antoinette auf den König und den Dauphin. Während Ludwig XV. strahlend auf sie zueilte, sie herzte und drückte, mit ihr lachte und scherzte (wobei der Hof bemerkte, dass der Frauenheld ihre Reize durchaus mehr zu schätzen wußte, als es ihm als ihrem „lieben Großvater“ zugekommen wäre), stand der Dauphin mißmutig daneben und reichte ihr nur widerwillig Hand und Wange zu Gruß und Kuß. Schwerfällig, mit hängenden Schultern und schweigend war er der Einzige, der in diese tagelangen Festlichkeiten nicht passte. Von Feier zu Feier wurden die beiden geschleppt, jubelnde Menschenmassen allerortens. Marie Antoinette war überwältigt, erfreut, müde. Ihre Frische, ihre Schönheit, ihre Jugend, ihre entzückende Art, sich überschwenglich zu freuen, wurden gelobt; Millionen Franzosen hätten sich heute in sie verliebt, so bekommt sie von einem Mitglied des Hofes zu hören. Mit ihrem Mann, den sie am 14. Mai offiziell heiratet, hatte sie kaum eine Sekunde alleine. Aber sie wird das kaum bemerkt haben, zu aufregend ist alles um sie herum. Sie mag in diesen ersten Tagen das Gefühl gehabt haben, endlich angekommen zu sein: diese ständige Musik, die Schauspiele, die opulenten Feste: sie sind, was sie in Wien vermisste, ohne es zu kennen. Tändeln, Tanzen und Spielen den ganzen Tag lang. Doch zum Ende der Feierlichkeiten am 30. Mai fällt ein erster Schatten auf ihr neues Leben: während eines Feuerwerkes bricht eine Massenpanik aus und über hundert Menschen sterben, hunderte werden verletzt. Einige Jahre später wird man die Königin auch hierfür verantwortlich machen.

  • Marie Antoinette: Versailles

    Marie Antoinette: Versailles

    Versailles, das Schloß, seine Gärten und Parks sind Pracht, Perfektion und Pomp. Sein Hof ist frivol, bigott, geistreich: ein Bonmot zählt mehr als Freundschaft, Affären sind prickelnder Zeitvertreib und Spiel mit dem Feuer – manchmal treffen Hohn und Spott die Betrügenden, machmal den Betrogenen und zerstören Karriere und Fortkommen. Doch was an der Oberfläche spielerisch, unmoralisch erscheint, ist durch ungeschriebene Gesetze streng geregelt; was dem einen recht ist, ist dem anderen noch lange nicht billig. Ein jedes Mitglied dieser Gesellschaft bewegt sich auf seinen unsichtbaren Gleisen, erscheint, wo es zu erscheinen hat, sagt und spricht das zu Erwartende. Alles, wirklich alles, ist geregelt: wer wem den Vortritt lässt, welcher Spaziergang zu welcher Zeit stattfindet, wer wen grüßt und was es bedeutet, wenn das Schönheitspflästerchen links statt rechts getragen wird. Klatsch und Tratsch, Eifersucht und Mißgunst gedeihen unter dem Firnis geschliffener Rhetorik und immer ausgefallenerer Modeexzesse.

    Und in dieser Umgebung findet sich die Dauphine Marie Antoinette wieder – die kleine Erzherzogin, die längst all die Ratschläge ihrer Frau Mama vergessen hat und wenig Einsicht in die Handlungsweisen der französischen Aristokratie hat. Die Tafel, an der sie jeden Tag vor Publikum zum Essen Platz nimmt, versammelt keine miteinander schwatzende und liebende Familie. Der Dauphin spricht kaum ein Wort – sowohl die Unmengen an Essen, die er in sich hinein schaufelt, als auch seine Schüchternheit verhindern das. Der König bemüht sich um das junge Mädchen, lässt wohl auch einmal anzügliche Bemerkungen fallen, die seiner Maitresse Gräfin Dubarry gelten.

    Madame Dubarry

    Die Dubarry ist fröhlich, wenig zurückhaltend und nimmt ihre Aufgabe, Ludwig XV zu unterhalten, sehr ernst. Marie Antoinette ist in ihrer Unschuld reizend und sorgt für verlegenes Gelächter, als sie erklärt, sie wolle der Madame Dubarry Konkurrenz sein und ihren lieben Großpapa eben so gut unterhalten. Ihre Tanten, die unverheirateten Töchter des Königs mit der Sorge, zu wenig be- und geachtet zu werden und einem Haß auf die Dubarry, nehmen die Dauphine gar selbstlos zur Seite und klären sie über die Natur der königlichen Unterhaltung auf. Marie Antoinette ist rechtschaffen empört; eine solch liederliche Frauensperson wäre in der Hofburg undenkbar, unmöglich könne sie Umgang mit ihr haben und so schneidet sie die Dubarry. Die Tanten freuen sich und feuern das junge Mädchen weiter an.
    Die Dubarry, die tagtäglich gegen die Arroganz der Höflinge ankämpft und ihren Platz sichern will, darf die Dauphine von sich aus nicht ansprechen – mit steigendem Amusement betrachtet der Hof das tägliche Schauspiel einer um Anerkennung bemühten Maitresse und einer zu jungen, zu naiven Prinzessin, die nicht bemerkt, wen sie in Wahrheit brüskiert und verärgert: den König, der ein solches Benehmen nicht duldet, jedoch von der Dauphine ignoriert wird. Der Hof jubelt.

    Marie Antoinette, Dauphine de France

    Doch auch Maria Theresia in Wien erfährt durch ihren Botschafter, den treuen Mercy-Argenteau, von dem bald zwei Jahre anhaltendem wortlosen Streit. Es dürfte der Kaiserin nicht leicht gefallen sein, dem politischem Nutzen vor ihrer Moral den Vortritt zu geben und von ihrer Tochter zu verlangen, die Sittenstrenge beiseite zu lassen und der Dubarry endlich den größten Wunsch zu erfüllen – ein freundliches Wort der Dauphine in aller Öffentlichkeit. Ein, zweimal glaubten sich König und Maitresse schon am Ziel; heute würde die Dauphine der Dubarry die Ehre erweisen, doch Antoinettes Stolz und die Tanten sorgten für Enttäuschung.
    Endlich muss Marie Antoinette klein beigeben. Unter den gierigen Augen der anwesenden Aristokraten bleibt sie bei der in die Knie sinkenden Gräfin stehen und spricht die Worte, die auch heute noch manch Besucher des Schloßes zitiert: es seien viele Leute heute in Versailles. Sehr deutlich hören die Umstehenden die Überzeugung der Dauphine heraus, es sei wenigstens eine zuviel, doch die Dubarry hat ihr Ziel erreicht.

    Marie Antoinette spricht nie wieder mit der Gräfin und vielleicht hat sie nie begriffen, wie viel Schaden dieser kindische Streit angerichtet hat: der König ist ihr gegenüber kühler, die Tanten ob ihres Umfallens entrüstet und erbost und der Hof ist sich einig, dass die Dauphine keine Französin ist und niemals sein wird; so amüsiert sie sind, so sehr empören sie sich über Marie Antoinettes Unwissenheit und nicht-regelkonformes Verhalten.

    Hätte sie es besser wissen können und müssen? Man hatte ihr Madame Noailles zur Seite gestellt, die streng über das Benehmen der Dauphine wachte, ihr Chaperone, Gesellschafsdame und Lehrerin zugleich sein sollte. Ein ältliches Fräulein Rottenmeier ist sie, von der Dauphine spöttisch Madame l’etiquette benannt. Antoinette fühlt sich von Madame Noailles gegängelt wie von all ihren bisherigen Lehrmeistern und macht sich einen Spaß daraus, ihr zu entkommen, sie zu parodieren und weg zu hören, wenn sie ihr die Gesetze des Hofes erklärt. War sie denn noch immer ein Schulmädchen oder die zukünftige Königin? Sollte sie ihr Leben und ihre Stellung nicht geniessen?
    Ein Leben, in dem ihr wohl nahezu alle Wünsche an Kleidung, Nahrung und Unterhaltung erfüllt werden, jedoch kein Schritt unbeobachtet bleibt. Was immer sie tut, eine Schar Höflinge ist um sie herum, immer auf der Lauer nach einem Posten, einer Anekdote, einer unbedachten Äußerung. Antoinette fühlt sich eingeschränkt und zeigt im Laufe der Jahre ihre Verachtung für sinnentleertes Protokoll überdeutlich. Ihre Jugend, ihr offenes Wesen und ihr anfangs uneingeschränktes Vertrauen in die Menschen, die ihr nahe stehen und die Wiener Heimat ersetzen sollen, führen dazu, dass sie in Intrigen und Ränkespiele hinein gezogen wird, die sie nicht durchschaut. Ihre Sehnsucht nach Freundschaft lässt sie Zuwendung mit Zuneigung verwechseln; die meisten, die sich ihr nähern, kommen mit selbstsüchtigen Wünschen, die sie freudig gewährt.

    Princesse de Lamballe

    Antoinette begann ihren Alltag mit Vergnügungen zu füllen: von den intriganten Tanten hatte sie sich abgewandt, die ihren Lebenswandel mit Abscheu betrachteten und das ihrige zu Antoinettes Verleumdung beitrugen. Mit ihrer neu gewonnen Freundin Marie Louise de Savignon-Carignan, der Princesse de Lamballe, besucht sie in schlecht getarntem Incognito Bälle in Paris, verspielt Unsummen beim Pharo, engagiert die Kleidermacherin Rose Bertin für immer ausgefallenere Kreationen, amüsiert sich mit ihrem vergnügungssüchtigen Schwager und verlacht all die steifen und alten Hofchargen um sich herum. Bis heute wird ihr Charakter nach diesem Verhalten gewertet – von einem pubertierenden Teenie, der über Nacht zu Reichtum und Ruhm gelangt, kann man wirklich mehr erwarten als Albernheiten und Überschwang! Immerhin ist sie die nächste Königin Frankreichs, dazu Ehefrau und hoffentlich bald Mutter. Zu irgendetwas muss diese Ausländerin doch gut sein!

    Marie Antoinette in ihrem Salon

    Am 10. Mai 1774 starb der einstmals vielgeliebte Louis XV. Aus dem Thronfolgerpaar, 19- und 20jährig, wurden König und Königin. Während das Volk enthusiastisch auf Veränderung hoffte und große Erwartungen an das Paar hatte, war den beiden angst und bange – zu jung seien sie, so habe Antoinette unter Tränen beteuert und Gott um Hilfe angefleht, berichten verschiedene Augenzeugen. Es dauert nicht lange, bis sie den nächsten Fehler begeht und neue Feinde findet: getreu ihrer Aufgabe als Friedensstifterin zwischen Frankreich und Österreich sorgt sie für die Entlassung österreichfeindlicher Regierungsberater. Nicht nur die Tanten nennen sie nun „l’Autrichienne“ – die Österreicherin. Oder „die andere Hündin“, ändert man Schreibweise und Aussprache minimal. Längst ist die Königin an dem Punkt, an dem sie tun und lassen kann, was sie will – immer findet sich jemand, der ihr deswegen gram und feind sein wird. Immer mehr Geschichten und Gerüchte verbreiten sich, auf Wahrheit gründend oder auf Vermutung, zu Lüge und Hetze entstellt.

    Dauphin Louis Auguste

    Vom Gatten erhält sie ein Schlößchen, das Petit Trianon, ein wenig entfernt vom Versailler Palast, um sich dort von Kontrolle und Eitkette zu erholen. Geladen sind nur diejenigen unter den Höflingen, die jung, munter und freundschaftlich mit ihr stehen – sie sieht sich als junge Frau, die ein wenig Zeit mit Freunden verbringt; die nicht Geladenen jedoch sehen die Königin, die beleidigt und demütigt – in ihren Augen ist das Petit Trianon schlimmer als Sodom und Gomorra. Und das Volk, das in immer schlimmeren Verhältnissen existiert, erfährt von unnötiger Verschwendungssucht und ausschweifenden Orgien der Blutsaugerin durch Bildtafeln, die an Deutlichkeit nicht zu mißdeuten sind. Wann endlich ändert sich etwas? Wo bleibt die Hoffnung, die noch an königliche Nachkommenschaft geknüpft ist? Wo bleibt der nächste Dauphin, so fragt auch die Kaiserin aus Wien immer dringlicher.

    Aber es tat sich nichts. Buchstäblich nichts. Nicht nur, dass Antoinette nicht schwanger wurde, nein, sie war nach Jahren der Ehe noch so unschuldig wie bei ihrer Ankunft. Ludwig, der muffig-schweigsame, etwas plumpe und gehemmte junge Mann, fühlte sich in der Gegenwart seiner Gattin noch gehemmter und unsicherer; die Tändeleien und Spötteleien ihres Freundeskreises fielen ihm auf die Nerven und das tägliche öffentlich zu Bett gelegt werden, half der Beziehung auch nicht weiter. Die Schuld für die nichtvollzogene Ehe, das Ausbleiben des Thronfolgers gab man, wie könnte es anders sein, Marie Antoinette. Was könnte einem nur mäßig aufgeklärten Backfisch leichter fallen, als den phlegmatischen Gatten zu leidenschaftlichen Turnübungen zu verführen?

    Einer der harmlosen Stiche

    So langsam kam eine Industrie in Schwung, die bislang nur vor sich hindümpelte: Pamphlete und Hetzschriften, in denen Antoinette als Ehebrecherin, schlampige Gattin und nicht nur den Mann, sondern das Volk betrügende Ausländerin dargestellt wurde, machten die Runde. Es waren vor allem die Höflinge, die diese Schriften in Auftrag gaben oder auch selbst schufen; nicht zuletzt die Brüder Ludwigs ließen ihrem Witz, ihrem Neid und Ehrgeiz freien Lauf – nicht ahnend, wem das Verhetzen eines hungernden Volkes nutzt. Den Auftraggebern nicht, das würden sie noch begreifen.
    Ein besonderes Vergnügen bereitete es manchen, diese Blätter in Antoinettes Nähe zu platzieren, so dass die junge Frau mit pornografischen Darstellungen ihrer selbst konfrontiert wurde. Dazu die ständigen Briefe ihrer Mutter, die mittlerweile ihrer Tochter explizite Anweisungen sandte, wie sie den Gatten in Hitze bringen könne. Antoinette ließ die Schreiben äußerlich gleichgültig zu Boden gleiten und kümmerte sich um ihr Vergnügen, das alles Unangenehme überdecken sollte. Wäre Ludwig nur etwas weniger feige und etwas interessierter gewesen: eine Vorhautverengung sorgte für Schmerz, sobald er an eheliche Pflichten nur dachte und eine kleine Operation, ein winziger Schnitt, war die Lösung. An die er sich nicht wagte.
    Bis sieben Jahre nach der Hochzeit sein Schwager Joseph, Kaiser von Österreich, ihn beiseite nahm und ihm ins Gewissen sprach – als König von Frankreich müsse er seine Pflicht Gattin und Vaterland gegenüber erfüllen. Ludwig wagte es und Marie Antoinette erfurh, um was es in den Pamphleten ging. Dass die Tanten vom Neffen zu hören bekamen, das körperliche Vergnügen sei noch größer als gedacht und er bedauere, so lange gezögert zu haben – das mag uns zum Schmunzeln bringen, erhöhte deren Hass auf die Königin jedoch. Wo immer Antoinette erschien, irgendwer hatte einen Groll gegen sie.

    Am 18. Dezember 1778 bringt Marie Antoinette ihr erstes Kind, Marie-Thérèse, Madame Royale, zur Welt. Allein die Berichte über diese Geburt sind ein solcher Horror, dass ich bereit bin, ihr fast alles nachzusehen: Kaum setzen die Wehen ein, scharen sich etwa 50 Höflinge um ihr Bett, das in einem nicht zu großen Raum steht, dessen Fenster geschlossen sind. Es ist eine lange und schwere Geburt, die vielen Menschen nehmen ihr wortwörtlich die Luft zum Atmen.
    Immer stickiger und heißer wird es und als das Kind endlich geboren ist, verliert die Königin das Bewußtsein mit dem Ausspruch, sie sterbe. Blut entfließt ihrem Mund, der Arzt fordert Platz, Luft und einen Aderlaß. Ludwig erweist sich jetzt nicht nur als treusorgender Gatte, sondern als zupackend wie nie zuvor oder je wieder danach: er stößt jeden beiseite, der zwischen ihm und den Fenstern steht, um dort festzustellen, dass diese sich nicht mehr öffnen lassen – seit Jahrzehnten waren sie nicht genutzt worden. Ohne lange zu zögern, zertrümmert er die Fenster und lässt die Dienerschaft die gesamte Bagage grob aus dem Raum werfen. Von nun an muss die Königin nicht mehr unter Zeugen gebären, als wäre sie die Attraktion eines Wanderzirkus.

    Mit Schwägern und Kindern

    Noch drei weitere Kinder, zwei Jungen und ein Mädchen, brachte Antoinette zur Welt, doch Madame Royale sollte die einzige sein, die das Erwachsenenalter erreichte. Der Dauphin starb im Juni 1789, was sicherlich auch ein Grund ist, weshalb die vom Volk entfernte Königin von den sich abzeichnenden Ereignissen nichts mitbekam. Ein Fakt, der erstaunlich selten betrachtet wird. Das zuletzt geborene Mädchen starb schon 1787 mit elf Monaten. Für Antoinette, die mit vielen einander zugetanen Geschwistern groß geworden war, müssen diese Todesfälle unendlich schmerzhaft gewesen sein.

    Die leere Wiege der verstorbenen Tochter …

    Marie Antoinette als Mutter zeigte sich anders als die junge Königin: ständige Bälle, Glücks- und Kartenspiel, ihre Theateraufführungen und heimlichen Ausflüge waren Vergangenheit; mit viel Liebe wandte sie sich ihren Kindern zu. Auch die immer größeren Roben und Kopfaufbauten waren vergessen. Sie bemühte sich um einen schlichteren Lebensstil. Aber wie könnte es anders sein: auch das war nicht recht. Waren ihre Ausgaben vorher zu hoch, so warf man ihr nun vor, Schäferin zu spielen und im Hemd herumzulaufen, was einer Königin von Frankreich nicht angemessen sei – nun wolle sie auch noch die Seidenweber und Modistinnen in den Hungertod treiben. Irgendetwas ist ja immer, immer ist etwas. Hass und Hetze brodelten nur selten unterbrochen weiter hoch.

    Sozusagen ein Make over.
    Vorher …
    … und nachher

    Lasst mich bitte einschieben: über Marie Antoinette einen kurzen Abriss schreiben zu wollen, ist nahezu unmöglich – mir ja sowieso. Zum einen kann man ihr nicht gerecht werden und zum anderen ist ihre Zeit, ihre Umgebung unglaublich gut dokumentiert. Der Adel schrieb und schrieb und schrieb und Privatheit gönnte man ihr nicht – und die Geschichten und Geschichtchen über sie gehen in die Tausende. Jede einzelne ist ein Baustein, ein Zahnrädchen in dem vorwärts treibenden Uhrwerk, das ihre verrinnende Zeit tickend begleitet. Immer wieder frage ich mich beim erneuten Sichten dieser Erzählungen, ob ihr Leben anders verlaufen wäre, hätte sie hier anders entschieden, diesem Menschen nicht vertraut oder jenes Wort verschwiegen. Doch am Ende sind es nicht die von ihr gesagten Worte und begangenen Taten, es ist das durch Hass und Gier erbaute Lügengeflecht, das sie zu Fall bringen wird. Was Hetze, üble Nachrede und Lügen anrichten können: hier sehen wir es klar und deutlich.

    Es ist ungerecht: seit Jahrhunderten hatte Frankreich endlich ein Königspaar, das mit den besten Absichen antrat, das die verhasste Maitressenwirtschaft (denn bislang waren die oft hochgebildeten und den jeweiligen König positiv beeinflußenden Geliebten die Sündenböcke für alles gewesen) abschaffte und neuen Ideen im Rahmen ihrer gottgegebenen Größe offen gegenüber stand. Ein Sonnenkönig hätte viel früher, viel härter eingegriffen, um jedes noch so gerechtfertigte Murren zum Schweigen zu bringen.

    Unter all diesen Geschichten finden sich

    • die berühmte Halsbandaffäre, die wie Pech an ihr klebte und ihr neue Feinde brachte.
    • Die adoptierten Kinder, für die sie sorgte – der Wunsch nach Kindern und Familie war groß und treibend.
    • Ihre immer wieder unternommenen Ausflüge in die Politik, vor allem, wenn es um die Beziehungen zu Österreich ging.
    • Natürlich wurde auch ihr, wie bald allen Königinnen und Maitressen vor ihr, unterstellt, sie habe den Armen das Kuchen essen empfohlen, so sie kein Brot hätten.
    • Die Freundinnen: nach der Princesse de Lamballe, die eine reiche, sehr zurückhaltende Frau von sanftem Wesen war, trat Gabrielle de Polignac auf den Plan, die an sich raffte, was sie nur erhalten konnte und ihrer Familie Posten zu verschaffen wußte – beide wurden in den nicht versiegenden Hetzschriften als lesbische Geliebte der verderbten Königin gehandelt.
    Hans Axel von Fersen

    Und zu guter Letzt ist da Axel von Fersen, ein schwedischer Aristokrat mit deutsch-baltischen Wurzeln. Er war – was sonst – gut aussehend, charmant und geistreich. Aber wer ihn näher kannte, beschrieb ihn auch als selbstverliebt, arrogant, schwermütig und als gefühlskalten Schürzenjäger. Zwar schrieben sich von Fersen und Antoinette leidenschaftliche Liebesbriefe und verbrachten gerne Zeit miteinander, doch ist eine echte Beziehung, eine Affäre unwahrscheinlich – wir wissen es ja schon: Privatheit gab es für die Königin kaum. Vieles spricht für eine Beziehung, die bewußt platonisch und eher Minne als Liebe war.

    Um die Königin herum vibrierte es vor Erotik, Klatsch und Tratsch und sie war mit einem Mann verheiratet, der am glücklichsten in seiner Schlosserwerkstatt und bei der Jagd war. Der ihr treu und freundlich zugetan, aber eben weder ein Adonis noch ein Casanova war. Axel von Fersen mag ihre Phantasie angeregt haben, es mag geprickelt haben – für die Traumtänzerin, die sie noch immer war, wahrscheinlich ausreichend. Von Fersen hingegen scheint sich vor allem in der Aufmerksamkeit einer Königin gesonnt zu haben; abwechselnd sprach er Freunden gegenüber entweder schmachtend von „der einzigen Frau, die ich liebe, aber nicht besitzen kann“ oder aber er gab zu verstehen, dass er die Zuneigung der Königin großzügig erdulde. Was immer er empfand, es hielt ihn nicht von Beziehungen zu anderen Frauen ab.

    Über all dem, den Geburten und den Todesfällen, den Skandalen, Mißverständnissen und Affären, den wechselnden Moden und Marotten, verging die Zeit und das Volk hungerte. Nur um den nachbarlichen Erbfeind auf der Insel zu ärgern, entsandte Frankreich den Amerikanern eine Armee, die sie in ihren Bestrebungen nach Unabhängigkeit von der englischen Krone unterstützte. Mit den zurück kehrenden Soldaten kamen neue Ideen von Freiheit und Gleichheit ins Land, mit denen der Adel kokettierte, Bürgertum und dritter Stand aber arbeiteten …

  • Frauenleben im 18. Jahrhundert

    Frauenleben im 18. Jahrhundert

    Ups, der Titel verspricht vielleicht etwas viel; mehr auf jeden Fall, als ich in einem schnellen Beitrag liefern kann. Trotzdem möchte ich darüber sprechen, weil mir in den letzten Tagen – im Gespräch mit Freundinnen, Bekannten und Leserinnen – wieder einmal auffiel, was mir schon öfter begegnet ist. Dass wir nämlich

    • im Schnitt gar nicht sonderlich viel von der Zeit zwischen 1700 und 1799 wissen,
    • sie somit als eine Zeit des Unfriedens (Französische Revolution!) und der Ungerechtigkeit begreifen
    • und sowieso dazu neigen, gerade unsere eigene Geschichte – also die Geschichte der Frauen, die noch immer zu wenig Beachtung erhält – als eine Art gleichmäßig aufsteigende Linie betrachten, die irgend wie so verläuft: Sklavin – Hexe – Heiratshandelsgut – Hausfrau und Mutter – emanzipierte Frau heute.

    Das ist natürlich scheußlich verallgemeinert und ganz bestimmt liest das jetzt nicht nur eine kluge Frau, die sagen kann: Mich meint sie damit nicht! Tue ich auch nicht. Aber ich habe mich nun während der letzten drei Wochen – und das ist nicht übertrieben, meine Augenringe beweisen es – Tag und Nacht mit dem ausgehenden 18. Jahrhundert befasst und mich dabei auf Kurköln und Frankreich konzentriert ebenso wie auch die Rolle der Frau an diesen Orten.

    Und dabei fiel mir auf, wie oft zwischen den Zeilen der weniger guten Artikeln ein Bild entsteht, dass dieses Jahrhundert als unglaublich weit fort von uns zeichnet. Oder einmal anders herum beschrieben: Wie häufig liest man von den Suffragetten als den ersten Frauenrechtlerinnen? Oder vom 20. Jahrhundert als dem Jahrhundert der Frauen? Obwohl ein ziemlich großer Teil der darin enthaltenen Jahrzehnte, obwohl sie uns so nahe sind, alles andere als gut für uns waren? Was die 1920er möglich machten, ist danach erst einmal zurückgeführt worden und dann brauchte es bis in die Sechziger und Siebziger, um ein ähnlich hohes und selbst bestimmtes Ansehen in der Öffentlichkeit zu erreichen. (Und vielleicht wäre jetzt ein guter Moment, um einzufügen, dass die Verbesserungen meist nur einen Teil der Frauen erreicht hat – nämlich diejenigen, die schon unter besseren Bedingungen ins Leben gestartet sind, ob es nun Vermögen, Familie, Hautfarbe oder Neigungen sind).

    Um einen Namen wie Olympe de Gouges zu kennen oder Manon Roland, um etwas von Mary Wollstonecraft gelesen zu haben oder auch nur von Sophie von La Roche – nun, dafür muss man sich schon sehr entweder mit der Historie der weiblichen Emanzipation befasst haben. Oder, im letzten Fall, mit der deutschen Literaturgeschichte. Malerinnen, Musikerinnen, Schriftstellerinnen, Schauspielerinnen, Sängerinnen, Politikerinnen und Salondamen: Wenn da mal der eine oder andere Name fällt, kann man schon froh sein, und da ist es vielleicht kein Wunder, dass wir meinen, eine Häufung weiblicher prominenter Personen, je näher wir an unsere Moderne rücken, zeige auch die Zunahme weiblicher Teilhabe an der Gesellschaft.

    Jein. Wenn ich in einer früheren Zeit hätte leben müssen, dann würde ich das 18. Jahrhundert gewählt haben und ich hätte wahrhaftig auch Bonn gewählt. Für viele Wissenschaftlerinnen, die sich mit diesem Zeitraum befassen, ist das nämlich das Jahrhundert der Frauen. Nicht überall, nicht durchgehend, das wäre ja auch zu schön, um wahr zu sein. Aber gerade in Frankreich, das in kultureller Hinsicht Europa noch immer dominierte (wenn auch gerade in Musik, Literatur und Philosophie die deutschen Fürstentümer aufholten und England ja eh sehr eigen war), spielten Frauen eine große Rolle. Wiederum, das sollte nicht vergessen sein, gilt das für die Frauen der höheren Stände, wozu sich aber bald auch schon die Töchter des Bürgertums zählen durften. Der weibliche Einfluss in der Kunst ist beträchtlich; beispielsweise Madame de Pompadour, eine sehr geschickte Frau, was Außenwirkung und Propaganda anging, dazu gebildet, klug und weitaus mehr als ein Betthäschen – nun, sie war eine Mäzenin sämtlicher Sparten der Kunst. Andere Damen führten literarische Salons, in denen die Rhetorik und feiner Witz zu den französischen Talenten herangezüchtet wurde – viele dieser Salons waren das warme Nest, in das die Vordenker der Aufklärer zu gerne hüpften, um sich umsorgen und loben und inspirieren zu lassen.

    Was in Frankreich galt, galt ebenso in manchen deutschen Fürstentümern. Nicht in allen, gerade Preußen und Österreich (trotz Maria Theresia) waren, was die Stellung des ‚Weibes‘ anging, deutlich weniger fortschrittlich als andere deutsche Länder. Ich kann es nun nur von Bonn sagen und es auch nur aus dem ziehen, was ich in Briefen, Steueraufstellungen und anderen Quellen herausgelesen habe; eine streng wissenschaftliche Aufarbeitung würde das gewiss nuancieren. Aber so sehr auch hier die Vorstellung davon herrschte, wie eine ideale Frau zu sein hatte und wo sie erwünscht war und wo nicht, so war man doch stolz auf Frauen wie beispielsweise die Witwe Koch, die nach dem Tod ihres Mannes den gemeinsamen Gasthof weiterführte und neue Ideen einbrachte.

    Der Zehrgarten am Marktplatz war Treffpunkt der Hofmusikanten, des Adels, der Bürgerlichen, der Aufklärer und der jungen Leute (Männer wie Frauen jeglichen Standes) und der Kurfürst Max Franz, ebenfalls ein häufiger Gast, hielt große Stücke auf sie und ihre Tochter Babette, die immer wieder als das Ideal einer Frau beschrieben wird: Schön natürlich, aber vor allem geistreich, gebildet, klug und durchaus eigen). Das mit der Bildung kam nicht von ungefähr, denn ihre Mutter fügte der Wirtschaft einen Buchhandel zu, was noch mehr gelehrte Menschen an ihren Tisch brachte. „Mittelpunkt alles geistigen und geselligen Vergnügens in Bonn“ war ihr Haus. Eine echte Powerfrau muss sie gewesen sein, die drei Kinder großzog und nebenbei noch das Hotel führte und offen mit einem Mann zusammenlebte, den sie nicht heiratete, und dennoch nicht ihres Ansehens verlustig ging. Dass all das möglich war und nicht zu einem Skandal führte, sagt einiges über die Zustände zu der Zeit aus. Fünfzig Jahre später wäre man ihr mit mehr Misstrauen begegnet, denn wahrhaftig galt eine Frau im nachfolgenden Jahrhundert weniger.

    Bei meinen Recherchen bin ich natürlich auf viel mehr Frauen gestoßen, die eigentlich einen eigenen Roman verdient hätten. Es sind leider meist nur Streiflichter, die kurz über ihre Existenz gleiten, um sie dann wieder ins Vergessen zu stürzen. Da war Amalie von Mastiaux, hoch begabte Pianistin und natürlich eine Freundin von Babette Koch, der Wirtshaustochter, und von Eleonore von Breuning, der vermutlich großen Lieben van Beethovens. Da gab es die Gräfin Belderbusch, die um 1796 ihrem Mann davon lief, um einen Musiker zu heiraten. Sie konvertierte kurzerhand zum Protestantismus, ehelichte ihren Liebhaber und lebte recht glücklich mit ihm in Wien, wo sie auch Beethoven wieder über den Weg lief, der in Bonn regelmäßig im Belderbuscher Hof zu Gast gewesen war. Die Scheidung vom ersten Mann erfolgte irgendwann später. Der übrigens heiratete dann unsere Babette, die sich wohl liebevoll um seine Kinder gekümmert hatte und diese Liebe dann auf ihn übertrug. Das Glück währte leider nur kurz, denn ihr widerfuhr, was vielen, vielen Frauen widerfuhr, die mir in den letzten Wochen bekannt wurden: Sie starb an den Folgen einer Geburt.
    Dieses frühe Sterben betraf wirklich sehr viele Frauen. Ob Kaiserbräute oder Mägde, ob höhere Tochter oder einfache Bürgerin – immer und immer wieder stoße ich auf unglaublich interessante Frauen, die keine dreißig Jahre alt wurden. Dazu gibt es kaum eine Person, die nicht entweder ein Elternteil früh verloren oder den Verlust von Kindern oder Geschwistern zu verkraften hatte.

    Damit habe ich mich jetzt allerdings von meinem Thema entfernt, aber da es ja nur ein kurzer Beitrag, eine kleine Plauderei sein sollte, mit der ich zeigen möchte, weshalb ich nun eine Reihe schreibe, deren Zeitrahmen so gar nicht gefragt ist im Augenblick. Das 18. Jahrhundert hat an einigen Orten ordentlich Platz gemacht für Frauen und ihre Lebensentwürfe. Das Heiratsalter übrigens, das finde ich auch interessant, lag bei Mitte bis Ende zwanzig für Frauen und Männer. Eilig hatte man es nicht; diese magische Grenze von einundzwanzig Jahren, die wir bei Miss Austen finden, hatte keine Bedeutung in diesen Jahrzehnten. Vielleicht auch deshalb, weil man wusste, wie leicht die Ehe tödlich enden würde für die geliebte Tochter. Vielleicht aber auch, weil junge Frauen erst einmal an sich selbst arbeiten wollten oder an der Gesellschaft. Auch da kann man noch einmal zu Jane Austen blicken, die ja in dieser Zeit groß wurde und von den Eltern kaum Grenzen gesetzt bekam. Sie durfte lesen, was sie wollte, und wurde ermutigt, sich zu bilden, ihre Meinung zu sagen und sich schreibend auszudrücken. Was ihren Nachfahren völlig verkehrt vorkam. Tante Jane galt der nachgeborenen Familie als gewöhnlich, unerzogen und sogar ein wenig peinlich. Man vernichtete noch mehr ihrer Briefe, äußerte sich abfällig über sie und legte Wert darauf, vornehmer zu sein. Weil die Welt sich verändert hatte und eine Frau bitte schön zufrieden sein sollte mit dem, was ihr Heim bot. Enger war die Welt geworden, enger, kleiner und spießiger und davon befreien wir uns noch immer.

  • Arbeitgeber des Dienstmädchens

    Arbeitgeber des Dienstmädchens

    Denken wir an Dienstmädchen, dann kommen uns vermutlich dieselben Bilder und Filme in den Sinn: Wir denken vielleicht an das Haus am Eaton Place oder an Dontown Abbey, wo die Dienstboten im Kellergeschoss ihr eigenes Reich hatten, das streng hierarchisch geordnet war.
    Wir denken vielleicht an Filme, in denen hübsche Zofen ihre eitlen Herrinnen in enge Korsetts schnürten (und von Korsetts wollen wir jetzt nicht reden, das Faß mache ich ein anderes Mal auf …) oder in denen noch hübschere Stubenmädchen dem Hausherrn entweder schöne Augen machten oder sich von ihm Frechheiten gefallen lassen mussten.
    Vielleicht erinnern wir uns auch an Schwarz-Weiß-Filme wie jenen, der die Vokabel ‚Gaslighting‚ schuf und in dem Ingrid Bergman als Hausherrin unter einer intriganten Angela Lansbury als Zofe zu leiden hatte.
    Aber was auch immer wir vor Augen haben: Das Dienstmädchen wird nur selten zur alleinigen Hauptperson, selbst wenn wie in den beiden erstgenannten Verfilmungen sie mehr ist als nur eine Haushaltsmaschine auf zwei Beinen. Dann allerdings muss sich ihr bescheiden-trist-grauer Alltag neben der großartig-bunten Lebensweise der Herrschaft beweisen und bietet im Grunde somit doch nur den Rahmen für die eigentlichen Dramen der guten Gesellschaft.

    ‚Pflichtvergessen!‘

    Ich merke, ich komme gerade in ein ganz anderes Fahrwasser; da wollte ich gar nicht hin.
    Was ich eigentlich hatte sagen wollen: Wir stellen uns meist ein hochherrschaftliches Haus vor mit ausreichend Personal – insbesondere mit männlichem Personal in den hohen Positionen.
    Vielleicht sehen wir auch eine ältere Witwe, die ihre Gesellschafterin/Zofe/Köchin/Pflegerin scheucht (die haben wir gerne mal in Agatha Christie-Verfilmungen) oder die frühere Kinderfrau, die in der Familie bleibt, weil sie sich anderweitig nützlich zu machen verstand und die Kinder doch so sehr liebt, oder die freche Zofe, die der unverheirateten Tochter des Hauses hilft, ihre ach so feministischen Ziele zu erreichen – es ist halt spannender, Ärztin werden zu wollen, da kann man locker darüber hinwegsehen, dass die Zofe bei all dem ihre Zukunft riskiert.
    Aber hey, wenn alles gutgeht, dann darf sie danach bei der Freundin arbeiten, hurra!

    Wie es aber auch ist: Das Dienstmädchen, welche Funktion sie auch haben mag, wie hübsch, niedlich und clever sie ist, bleibt meist der Herrschaft untergeordnet. Sie ist kaum mehr als ein Ding, über das man sich schnell ärgert, wenn es einmal nicht so funktioniert, wie man es gewohnt ist. Im Film und im Roman ebenso wie in der Wirklichkeit.

    Natürlich gibt es Ausnahmen. Im Film, im Roman und in der Wirklichkeit. Aber dennoch hatte auch ich die beschriebenen Bilder im Kopf. Weshalb ich jetzt diese Geschichte schreiben will und endlich zu dem komme, wo ich hinwollte: Wo also fand eine junge Frau eine Stellung? Nur selten arbeitete sie bei Königs, Kaisers oder anderen Fürsten, selten auch gelang einem Mädchen vom Lande (woher die meisten stammten) der Aufstieg zur Zofe bei einer Adelsfamilie.
    Am häufigsten und in der Regel auch als Erstes arbeitete sie bei Handwerks- oder Kaufmannsfamilien der kleinbürgerlichen Schicht. Hier war ihre Rolle oft noch so, wie sie in den etwa zweihundert Jahren zuvor noch gewesen war: Sie galt als Teil der Familie, die – wie alle anderen auch – mit anpackte, am selben Tisch saß und aß.
    Die Hausfrau wurde nämlich im Geschäft benötigt, weshalb die Familie jemanden brauchte, der sich ums Essen, die Wäsche und die Kinder kümmerte. Viel war dort nicht zu verdienen, aber wenn man das Glück hatte, bei netten Menschen gelandet zu sein, dann lebte man dort freier und anerkannter als beispielsweise in einem gutbürgerlichen Haushalt.

    Dort nämlich konnte man selten mehr als zwei Mädchen beschäftigen und oft fehlte sogar das Geld, auch nur eines anständig zu bezahlen. Hier aber ging es ohne Hausangestellte nicht – man war auf dem Weg nach oben und das bedeutete, die Gattin hatte zu repräsentieren, musste vorführen, dass der Ehemann erfolgreich war, dass man mit ihm rechnen musste.
    Da sie diejenige war, die mit einem meist sehr knappen Budget den Haushalt zu führen hatte, war sie eher wenig entspannt, wenn das Dienstmädchen einen Teller zerbrach oder nicht fleißig genug war – jede Extraausgabe musste sie vor dem Ehemann rechtfertigen. Wenn er nun auch noch ein Auge auf die jüngere Angestellte warf, dann wurde diese Hausgemeinschaft schnell unerträglich – alle standen unter Druck und beäugten sich misstrauisch, doch am längeren Hebel saß die Herrschaft. Das schlechte Arbeitsklima machten die etwas höheren Einkünfte oft nicht wett.

    Gelang es dann doch, in ein hochherrschaftliches Haus zu kommen, so fand man sich meist ganz unten wieder, denn nicht nur die Herrschaft stand über der Angestellten, sondern auch unter den Dienstboten gab es diejenigen, die etwas zu sagen hatten, und diejenigen, die schwiegen.
    Hatte das Dienstmädchen davon geträumt, in einer riesigen Villa ein eigenes Zimmer zu erhalten oder besseres Essen, so bewahrheitete sich das nicht immer. Je reicher, desto knickriger, das gaben viele frühere Hausangestellten zur Antwort, wurden sie befragt. Die Erwartungen der Herrschaft stiegen, die Angebote an Freiheit oder auch nur die Sorge für ein gesünderes Arbeiten blieben dahinter weit zurück.
    Da wundert es nicht, dass es nur wenige Dienstmädchen gab, die die in manchen Städten ausgeschriebenen Belohnungen für zehn Jahre treue Dienste einstreichen konnten. Wer nett aussah und gelernt hatte sich auszudrücken, bemühte sich um eine Stellung als Verkäuferin in einem der vielen modernen Warenhäuser. Wer gut mit Nadel und Faden umging, hatte Chance auf eine Arbeit als Näherin in einem Schneideratelier. Wenn einer solche Talente fehlten und sie nichts mehr mit Hausarbeit im Sinn hatte, der blieb noch die Arbeit in der Fabrik, während besonders Unglückliche in die Prostitution abrutschten, was aber weniger häufig geschah, als es uns Filme, Romane und Kolportagen glauben machen wollten.
    Für die meisten allerdings war der Weg raus aus dieser Schinderei die Ehe, wobei Liebe nur selten eine Rolle spielte. Die aus dem Dienst fliehende Frau wollte finanziell abgesichert sein; der Ehemann profitierte hingegen von einer Partnerin, die hart zu arbeiten verstand und auch das Gehorchen gelernt hatte.

    All diese Erkenntnisse habe ich mir natürlich nicht alleine durch das Lesen alter Zeitschriften, Pamphlete und Ratgebern verschafft; sie unterstrichen allerdings den Wert zweier Arbeiten aus den 1980er zu diesem Thema. Dorothee Wierling und Karin Walser haben damals – getrennt voneinander – Fakten gesammelt und ehemalige Mädchen befragt. Ihnen verdanke ich das Fundament, auf das ich meine erfundene Geschichte stellen möchte.

  • Das unsichtbare Dienstmädchen

    Das unsichtbare Dienstmädchen

    Um es einmal kurz und verkürzt zu sagen: So rasant der Fortschritt in den Jahren ab 1890 auch verlief, so sehr ging er am Hauspersonal vorbei, das zu bald 100 % weiblich war. Für Dienstmädchen lief die Zeit nicht voran.

    Die Erwartungen, die an die meist jungen Frauen gestellt wurden hinsichtlich Fleiß, Tugend und Verfügbarkeit, unterschieden sich kaum von denjenigen, die man an eine Sklavin gestellt hätte. Ging es um Arbeitsschutz und soziale Verbesserungen, so waren Dienstmädchen sogar explizit ausgeschlossen; eine Fabrikarbeiterin – die man allgemein als deutlich unter einer Hausangestellten stehend betrachtete – hatte deutlich mehr Rechte als die Frau, die sich in einer bürgerlichen Familie um Kinder, Haushalt und Küche kümmerte und somit in einer Vertrauensstellung tätig war.

    Nicht einmal kündigen konnte sie, wenn es ihr zu viel wurde – sie musste den so genannten Wechseltag abwarten, der regional unterschiedlich ein- bis zweimal pro Jahr die Möglichkeit bot, eine neue Stelle zu suchen. Ging ein Dienstmädchen dennoch noch vor diesem Tag fort, so konnte die Herrschaft sie von der Polizei zurückbringen lassen.

    Weil das in der Regel nicht unbedingt zu einem besseren Miteinander führte, waren die meisten Arbeitgeber so gnädig, sich das vorzeitge Verlassenwerden von der Angestellten auszahlen zu lassen. Was diese kaum konnte, da ihr Gehalt solche Ausgaben nicht verkraftete.
    Ob ihre geistige und körperliche Gesundheit darunter litt, wenn sie für eine unangenehme Herrschaft weiterhin buckeln musste, interessierte kaum jemanden. Dienstmädchen waren Arbeitsgeräte, von denen die Herrschaft sehr selbstverständlich sogar etwas wie Liebe und Aufopferungsbereitschaft erwartete, das aber nicht auch mit gleicher Münze zurückzahlte.

    Dienstmädchen wurden als Mensch nur selten wahrgenommen. Sie waren eine Selbstverständlichkeit.

  • Geschichtliches und Gendern

    Geschichtliches und Gendern

    Wie jetzt? Gendern und historisches Bonn? Muss das sein? Fange ich jetzt auch noch an, alles mit Binnen-I oder Sternchen oder was auch immer zu nerven?
    Was kann ich dazu sagen? Ja und nein am besten.
    Ich bin keine Freundin des Genderns. Rein optisch betrachtet. Was momentan sicherlich auch noch Gewöhnungssache ist.

    Allerdings: Wer sich jetzt freut und denken, ich verträte die Ansicht, Frauen (und alle, die außerhalb des Spektrums stehen) sollten sich mal nicht so haben, weil es ja sooo offensichtlich sei, dass sie mitgemeint sind, der irrt sich gewaltig. Es besteht nämlich für mich ein Riesenunterschied zwischen schriftlichem Gebrauchstext und einem Roman. In einem Roman nämlich erwarte ich, dass die Autorin oder der Autor sich die läppischen zwei Sekunden nimmt, um beispielsweise etwas wie ‚Meine Damen und Herren‘, ‚Liebe Schülerinnen und Schüler‚ oder ‚All meine Freunde und Freundinnen‘ zu schreiben; ich fände das übrigens auch in gesprochenen Moderationen schöner als die stumme Pause, wo das Sternchen sonst sitzt.
    Aber gut, wenn Sendezeit kostbar ist, dann kann ich auch ohne die ausdrückliche Nennung der beiden hauptsächlichen Geschlechter leben, wobei die Pause alle Menschen mit einschließen soll. Auch das wieder eine Sache der Gewöhnung, was nun auch nicht schwieriger sein kann, als sich an Wörter wie Downloaden, Streamen oder meinetwegen sogar Gendern gewöhnt zu haben.
    Was ich sagen will: Ich finde es wichtig, nicht immer nur alle Welt mitzumeinen, sondern sie auch anzusprechen. Schon aus Höflichkeit.

    Gut, das wäre also geklärt. Ich verwende die weibliche und die männliche Form, wenn ich einen Roman schreibe. So denn beide angesprochen werden sollen, was nicht immer der Fall ist. Meine Heldinnen reden ja nun auch nicht mit jedem dahergelaufenen Kerl, man ist ja Dame. Daher verzichte ich meist darauf, Männer mit einzubeziehen.
    Worauf aber wollte ich hinaus?

    Schon irgendwie auf dieses generische Maskulinum, das ja in der Wahrnehmung mancher, meist älterer Herren, natürlich gewachsen ist und nie nur Männer meinte. Und da frage ich mich dann schon, wo diese Herren waren, als Geschichte unterrichtet wurde. Wobei ja nur sehr selten Geschichte aus weiblicher Sicht ein Thema ist; die Herren können vielleicht nichts dafür, dass sie das nicht wissen.
    Obwohl … andererseits … Wenn jemand die Gelegenheit hat, diese Ansicht wortreich ins Netz zu schreiben, dann könnte man sich dort ja auch mal informieren. Wenn man wollte. Da finden sich durchaus sehr viele Sprachwissenschaftler und -innen (wirklich sogar viele männliche Sprachkundler, was mich freut), die darlegen, dass Frauen eben ganz und gar nicht mitgemeint waren, schon gar nicht im 19. und frühen 20. Jahrhundert. Ob es Wahlaufrufe waren oder Reklame für Bankkonten oder Ferienreisen, ob es Mobilmachungen waren oder ein Artikel in der Tageszeitung – es waren Männer, die anderen Männern etwas zuriefen, sie umwarben oder informierten. Denn Frauen durften nicht wählen, sie durften keine Konten eröffnen, sie sollten nicht alleine reisen oder sich in die Politik einmischen. Sie waren nicht gemeint. Was den Herren damals sicherlich auch ganz natürlich gewachsen erschien – Himmel noch, wer wäre so dumm und würde sich in wichtigen Angelegenheiten an ein weibliches Wesen wenden?
    Da, wo Frauen dann doch gemeint waren, bedienten sich amtliche Blätter, Zeitschriften oder Werbeblättchen der klaren Ansprache an die Dame von Welt. Bevor sie über Leben entscheiden durfte, entdeckte man sie als Kundin. Da gab es dann die Zeitschrift für die Familie oder die Frau, da gab es Damenbreviere und Reklametafeln für die weibliche Kundschaft. Und wo sie mit ihrem Gemahl zu erwarten war, da sprach man eben von den sehr verehrten Zuschauern und Zuschauerinnen, den Besuchern und Besucherinen, den Damen und Herren – da wurden beide Formen verwendt.

    Aber wie kam ich jetzt darauf?
    Ich habe mir heute Nachmittag drei Bücher durchgelesen. Drei Reiseführer über Bonn, von 1905, 1908 und 1912. Das Heftlein hatte ich neulich schon gezeigt; es wirbt um neue Bürger. Bürger. Nicht Bürgerinnen. Die anderen beiden werben um Touristen. Nicht Touristinnen. Sowieso tauchen Frauen in den Texten nicht auf. Nun ist das eine ein Baedeker, der hält sich eh knapp, lassen wir ihn also mal beiseite.
    Aber die beiden anderen Texte lassen die Geschichte Bonns Revue passieren, sie nehmen den Reisenden auf einen Spaziergang mit, sie zeigen schöne Ecken und gute Gasthäuser. Es ist in beiden sehr viel die Rede von wichtigen Männern. Edlen Kriegern. Bedeutenden Männern. Großen Denkern. Deutschen Männern. Strebsamen Studenten. Berühmten Männern. Von Söhnen der Stadt, von Erfindern, Schriftstellern, Königen. Immerzu geht es darum. Immerzu wird dem Leser versichert, dass er hier geistige Anregung finden wird und des Abends nett ausgehen kann zu Bier und Wein und Gesang. Hier kann er sein Leben verbringen oder seinen Urlaub.

    Wenn Frauen erwähnt werden, dann nur kurz und knapp. Wir erfahren in beiden Texten, dass es in Bonn viele, wirklich sehr viele Töchterpensionate gibt. Und wie viel ein Dienstmädchen im Jahr kostet, was in der Zeile unter den Durchschnittsmieten zu finden ist. (Da bin ich dann auch wieder bei meinem Thema, aber dazu dann beim nächsten Mal mehr).
    Und dann gibt es noch drei Frauen, die mehr oder weniger namentlich erwähnt werden: Charlotte von Schiller, die als Witwe des Dichterfürsten in Bonn starb. Clara Schumann, die als Witwe des Komponisten auf demselben Friedhof beigesetzt wurde. Und Viktoria als Schwester des Kaisers. Keine der drei Frauen hat auch nur ein Wort mehr erhalten, als nötig war, um sie als Anhängsel eines berühmten Mannes zu charakterisieren. (In einem Buch über Bonn aus den späten Dreißigern wird Clara Schumann immerhin auch als begabte Pianistin bezeichnet. Natürlich nur aus dem einen Grund, um zu zeigen, wie eine gute deutsche Ehefrau alles für ihren viel wichtigeren Gemahl aufopfert.)
    Frauen erscheinen in diesen Texten als Familienangehörige, als Dienstmädchen oder als Kundin. Letzteres allerdings in einer doch verblüffenden Anzeige, die im Kontrast zu allem steht, was Zeit, Gesinnung und Literatur dem weiblichen Geschlecht eigentlich sagen möchte. Da steht also eine Dame, die ihren Rock als Pelerine trägt und darunter das bestrumpfte Bein zeigt vom Knie an abwärts. Das gab es sonst nur bei Badekleidung und da wurde fast überall darauf geachtet, dass Männer und Frauen fein säuberlich getrennt voneinander ins Wasser stiegen. Aber die Frau als Kundin genoß Freiheiten, so lange mit ihr Geld zu machen war, so könnte man vermuten. Vielleicht als Ausgleich dafür, dass sie meist nicht einmal mitgemeint war.

    Hübsch sind dabei übrigens auch zwei Listen: eine für die reisenden Dame auf der letzten Seite der Broschüre und eine für den reisenden Herrn, die natürlich auf der vorderen Seite steht.
    Während er die Banknotentasche dabei hat, führt sie Benzin zum Auswaschen von Flecken mit sich. Er reist mit Eispickel, sie mit Eßbesteck.
    Er packt Kognac und Kompass ein, sie Kochgeschirr und Kosmetikartikel.
    Er vergisst seine Ordensauszeichnungen nicht, sie nimmt das Opernglas mit.
    Ihre Liste ist dazu ein gutes Drittel länger und das nicht nur, weil man ihr sagen muss, sie solle das Mieder und die Federboa in den Koffer legen, sondern auch, weil sie auf seine Notfälle vorbereitet sein musste. Aber immerhin durfte sie mit nach Bonn, wo sie abends hübsche Zeichnungen in ihr Reisejournal malt und Blumen trocknet, während der Gemahl in der Kaiserhalle bei Bier und Frohsinn saß und sich über Politik unterhielt. So romantisch …

  • Des Zwistes 3. Teil

    Des Zwistes 3. Teil

    Maria Stuart war nun also die Flucht aus ihrer Haft gelungen und stand auf englischem Boden und wir mit ihr. Schauen wir mal, ob wir wieder hinein finden in die Geschichte.

    Dass sie dort stand, wird – wen wundert’s – ganz unterschiedlich gewertet: als plumper Versuch, die englische Krone zu ergattern, als Dummheit ohne Boden, als Verzweiflung ohne Ende oder schlicht als Naivität. Vielleicht war es von allem ein wenig, vielleicht aber auch ein Beweis dafür, dass Maria es in den letzten Jahren doch ernst nahm mit ihrem Versuch, eine Versöhnung, eine Freundschaft zwischen sich und ihrer Cousine Elisabeth herzustellen – so unwahrscheinlich erscheint mir das nicht: wir haben gesehen, dass Maria ihre Freundschaften pflegte, ihre Freundinnen ihr wichtig waren. Dass das für Elisabeth nicht galt, dass bei ihr Sagen und Handeln zweierlei waren, konnte Maria vielleicht ahnen, nicht aber wissen, denn getroffen hatten sich die Cousinen niemals. Sie schrieben einander Briefe, sandten einander Geschenke und hatten dabei einen alles entscheidenden, stetig schwelenden Streit.

    Wenn Maria an all die Freundschaftsschwüre Elisabeths glaubte, in ihr die einzig mögliche Rettung sah, dann ging Maria vielleicht von sich selbst, von ihrem eigenen Handeln aus. Mochte sie die falschen Männer lieben, sich zu Gefahr und Abenteuer hingezogen fühlen, all das waren Kleinigkeiten gemessen an diesem, ihrem größten Fehler: zu glauben, Elisabeth sei ihre natürliche Verbündete, sei es als Frau, als Verwandte, als Königin. All diese Gründe brachten Elisabeth ins Wanken, aber letzten Endes war der eigene Machterhalt wichtiger als das Leben der Frau, die sie immer schon mißtrauisch und argwöhnisch beobachtete.

    Worin genau bestand der Zwist zwischen diesen beiden Königinnen? Die schlichte Antwort lautet: Politik, Neid, Eifersucht. Für Hollywood reicht das vollkommen aus und die Seifenoperaufteilung lässt starke und ehrgeizige Männer die Politik betreiben und zwei Frauen, die eine klassisch schön, sexy und verführerisch, die andere herb, neidisch und eifersüchtig, den Streit ausfechten. Das bietet viel Gelegenheit für Himmelbetten und Schlachtfelder, nackte Haut und rotes Blut. Je nach Ausrichtung des Films ist die Eine engelsgleich und die Andere teuflisch oder andersherum. Klug sind sie niemals, höchstens ehrgeizig, kaltherzig oder sonstwie ungeeignet.
    Dass beide Königinnen ihre Qualitäten und Fehler hatten, haben wir schon gesehen. Dass keine von Beiden dumm, willenlos oder ungeeignet für Thron und Krone war, auch. Aber das wäre dann ein feministischer, männerhassender Film und sowas will ja niemand sehen (hahaha).

    Wappen Elisabeths I. via Wikipedia

    Wir müssen zurück in der Zeit: England und Frankreich – Erbfeinde bis zur Entente cordiale, die im Jahr 1904 geschlossen wurde. Begonnen hatte es irgendwann im 12. Jahrhundert. Durch allerlei Erberei, Räuberei und Schieberei gehörte ein großer Teil Frankreichs der englischen Krone. Was die französischen Könige störte. Aus persönlichen Gründen wie auch aus wirtschaftlichen. Weshalb sie versuchten, Land und Geld anderswo zu finden, was dann wiederum den englischen König ärgerte, da dadurch seine wirtschaftlichen Interessen in anderen Ländern gestört wurden. Ein Durcheinander, vermengt mit Scharmützeln, unzufriedener Bevölkerung und finanziellen Verlusten und wie immer lief alles auf Krieg hinaus. Auf einen gut Hundertjährigen.
    Die Franzosen verloren Land, Leute und Würde, gewannen aber das Bewußtsein als Nation, was dem Deutschen Reich erst im 19. Jahrhundert „gelang“. Was dieses Nationalbewußtsein aller Länder über die Jahrhunderte hinweg mit sich brachte … nicht jede Geburt ist ein Segen. Aber das führt viel zu weit. Das wichtige für uns ist, dass um 1340 nach all den wunderbaren Siegen der englische König begann, die französischen Lilien in seinem Wappen mitzuführen: hier, sehet her, ich habe Anspruch auf Land und Thron! Und davon rückten die herrschenden Engländer auch nicht so bald ab; auch Elisabeth trug die Lilien im Wappen:

    Damit war von seiten Elisabeths sicher keine Provokation Frankreichs beabsichtigt; vielmehr war es eine liebgewordene Tradition, eine Erinnerung der Insulaner an ihre Zeit auf dem Kontinent, bevor sie von Jeanne d’Arc vertrieben wurden. Als nun aber Königin Maria I. starb, proklamierte der französische König Heinrich seine Schwiegertochter Maria Stuart zur Königin von England und ließ sie diesen Anspruch auch in ihr Wappen aufnehmen. Was auch nicht viel mehr Bedeutung hatte als die französischen Lilien in Elisabeths Zeichen: den Thronanspruch hatte Maria, was immer irgendwo gemalt oder nicht gemalt sein mochte.

    Da Heinrich VIII. eine ja einigermaßen unordentliche Wirtschaft hinterließ mit all diesen Ehefrauen und Kindern und bei all dem auch die Religion eine Rolle spielte, ging man in der Suche nach legitimen Thronerben wieder eine Generation zurück zu Heinrich VII. War Elisabeth seine – protestantische – Enkelin, so war Maria seine – katholische – Urenkelin, die dazu ohne jeden Makel von Scheidung und Hinrichtung war. Für die mächtigsten Herrscher jener Zeit, allesamt gut katholisch – war sie die einzig legitime Erbin. Allerdings blieb sie doch nur ein Mädchen und da Europa kein allzu großes Interesse an der Insel hatte, zog niemand für diesen Anspruch in den Krieg.

    Maria selbst war mittlerweile Königin zweier Länder und wir können davon ausgehen, dass ihr das vollauf genügte und sie die Sache mit dem englischen Thron nicht zu wichtig nahm; sie war von Geburt an Königin und erachtete diese Würde für selbstverständlich. Wenn auch ihr Thron immer wieder wankte, sie immer wieder in Gefahr geriet: dieses Gefühl von Rechtmäßigkeit dürfte ihr immer eine Sicherheit gegeben haben – sie musste immer nur um den Thron selbst kämpfen, nie um ihr Anrecht. Für Elisabeth sah das anders aus: der eigene Vater hatte ihr das Recht abgesprochen, ihre Mutter war in Schande gestorben, für die katholische Welt war sie ein Bastard, für den Kronrat das schwache Weib – alles war für sie Kampf, alles war für sie Angriff. Sie konnte und wollte diesen Anspruch Marias nicht vergessen!
    Von da an war Maria für sie das rote Tuch, die große Angst. Fast könnte man sagen, sie stalkte sie: was immer Maria tat und sagte, was sie trug und was sie aß – Elisabeth war informiert. Und offenbar fasziniert. Und eifersüchtig. Jajaja, ich weiß, das klingt jetzt so klein und so ganz anders als das, was ich mit meiner Schönheitsserie doch eigentlich zeigen will, aber so war es nun einmal. Es ist allerdings ein Fehler zu glauben, dies sei das einzige, was zu Streit und Hass und Tod führte: die Stutenbeißerei zweier Zicken und Tussis. Genau das war es nicht.

    Elisabeth war eitel und liebte Kleider und Schmuck – je prachtvoller, je übertriebener, desto besser. Eine klassische Schönheit war sie nicht und es mag sein, dass sie selbst nicht glücklich mit ihrem Äußeren war, wann immer sie einmal Zeit fand, sich damit zu beschäftigen. Sie verlangte nach Schmeicheleien, die nicht der Königin, sondern der Frau galten (befahl diese allerdings recht königlich). Sie legte Wert auf Äußerlichkeiten, kein Detail blieb dem Zufall überlassen, sie war stolz auf ihre schlanke Figur und litt unter dem Verlust ihrer Haare in späteren Jahren, wollte als Fee, als überirdisch, als begehrenswert erscheinen. Und sieht Maria Stuart in Erzählungen vor sich stehen, sieht Gemälde, hört das überschwengliche Lob, das sie selbst doch so gerne hätte.

    Maria ist meist schlicht gekleidet, verzichtet auf Dutzende Rüschen und kiloweise Perlen, scheint sich gar nicht um ihr Aussehen zu kümmern, ist von Freunden und Freundinnen umgeben. Wohin sie auch geht: sie fällt auf selbst im dunklen, schmucklosen Kleid. Ihr fliegt – wieder einmal – zu, worum Elisabeth sich bemühen muss. Wie gerne hätte Elisabeth etwas negatives entdeckt, aber Maria ist nicht nur eine äußerlich schöne Frau, sie kann ihr auch sonst das Wasser reichen: reitet eben so gut, spricht ebenfalls viele Sprache, weiß sich auszudrücken, musiziert und tanzt. Schauen wir uns die wenigen erhaltenen Portaits Marias an, so sehen wir eine eher unscheinbare Frau. Aber jeder, der sie kannte, schwärmte von ihr und erklärte, dass keines ihrer Bilder ihr jemals gerecht geworden seien. Elisabeths Abbilder hingegen wurden oft als geschönt wahrgenommen.

    Sagen wir es einmal so: hätten beide in den 1990ern geherrscht, dann wäre Elisabeth in Escada und Versace aufgetreten, Maria in Jil Sander und Armani. Mehr Gegensatz geht kaum:

    Modified
    Original


    Als Maria als Witwe zurück nach Schottland reist, erbittet sie zuvor die Passage durch England, was eine kürzere und sicherere Reise über See bedeutet hätte. Elisabeth verweigert die Durchreise, da sie zuvor auf der Anerkennung eines noch mit Maria de Guise (Marias Mutter und Regentin Schottlands) getroffenen Vertrages besteht, in dem Maria die Führung des englischen Wappens verboten und ihr Anspruch auf die englische Krone gestrichen wird. Was wiederum Maria ablehnt: Anspruch ist Anspruch, zumal, wenn es – ausnahmsweise unter Königs – mal ein rechtmäßiger ist. Da ging es los. Oder besser weiter nach Jahrhunderten englisch-französischer Animositäten.

    Maria ist in Schottland, sieht sich dort von allen Seiten konfrontiert und beginnt, ihre Angelegenheiten fern der Guise-Onkel zu regeln. Und in diesen unruhigen Zeiten stehen Sicherheit und Zukunft ganz oben und das bedeutet: den Anspruch auf den englischen Thron sicher in der Hinterhand zu haben und gleichzeitig Frieden und Einigkeit zwischen England und Schottland herzustellen. Am liebsten beides auf einmal: Cousine Elisabeth als Freundin und Verbündete in dieser Männerwelt. Es macht Sinn. Und so wird geschrieben und versichert und gebeten und ausgewichen. Mal lädt die Eine ein, sich zu treffen, dann tut es die Andere, nur begegnen werden sie sich nie. Auf Marias Seite sind es wahrhaftig Terminschwierigkeiten: mit John Knox und dem gierigen Halbbruder, den Morden und Schwangerschaften in den wenigen schottischen Jahren – da bleibt kaum eine Möglichkeit, gefahrlos für einige Zeit zu verreisen und bei der Rückkehr den Thron noch frei wieder zu finden.
    Elisabeth hingegen spielt, wie sie es immer tut: verzögern, verschleiern, versprechen, vergessen. Auch sie will Sicherheit. Ihre jüngere, attraktivere Cousine, die Gallionsfigur der Katholiken, erscheint ihr als Gefahr, die gebannt werden muss. Beispielsweise durch einen Ehemann, der Elisabeth zugetan ist und Maria positiv beeinflußen könnte und der sie beschäftigt. Wahrhaftig kommt Elisabeth auf die Idee, ihren Robin abzugeben. Sie bemüht sich sehr, ihm die Sache schmackhaft zu machen, doch so recht will er nicht. Noch hofft er ja, im eigenen Lande König zu werden. Und verheiratet ist er zudem. Was Elisabeth sich bei diesem Plan genau gedacht hat, ich kann es nicht nachvollziehen.

    Nun ist es ja nicht so, als ob Maria in Schottland nicht auch genug erführe von dem, was in England vor sich geht. Sie bemüht sich um ein gutes Einvernehmen, ist zu allen Zugeständnissen bereit, wenn nur ihre Cousine, ihre Schwester im Geiste, ihre Mit-Insularin ihr verspräche, sie zur Thronfolgerin einzusetzen, damit das Thema endlich ruhen könne. Zum Zeichen ihrer Bereitschaft sendet sie ihren Botschafter Sir Robert Melville an Elisabeths Hof. Er ist gewandt, gebildet, gut aussehend und Elisabeth möchte die Gelegenheit nutzen, ihn und damit Maria nachhaltig zu beeindrucken, empfängt ihn mehrmals am Tage, jedesmal in einem anderen Gewand, geschmückt und geputzt und gibt ihm zu verstehen, dass sie von den Heiratsplänen Marias mit dem spanischen Thronfolger nicht angetan ist, das wäre ihr doch gar zu viel des Katholischen vor ihrer Haustür und führt stattdessen Robert Leicester wie ein Schoßhündchen vor. Was den Diplomaten befremdet und Maria endgültig verärgert: einen abgelegten Liebhaber ihrer Cousine würde sie ganz sicher nicht zum Manne nehmen, auch nicht um des lieben Friedens willen.

    Aber Sir Melville weiß noch mehr zu berichten: so fragt ihn Elisabeth immer und immer wieder aus, wie groß Maria denn wohl sei, wie sie tanze, wie sie sänge? Ah, sie sei größer als sie, dann sei sie wohl übergroß (nunja, 1,80 m gilt auch heute noch als nicht eben klein für eine Frau). Wer den helleren Teint habe? Ach, die arme Maria sei halt arg dunkel. Und sie tanze nicht ganz so majestätisch, das habe sie wohl schon geahnt. Und Elisabeth, diese talentierte, kluge und scheinbar so überlegene Frau ist sich nicht zu schade, ihn, den geprüften und geplagten Diplomaten ganz klar zu fragen, wer denn die Schönere sei: sie selbst oder Maria? Aber Diplomat wird man nicht ohne weiteres und so antwortet Sir Melville jedes Märchen vorwegnehmend: Elisabeth sei die Schönste hier und Maria die Schönste in Schottland. Es wundert uns nicht, dass er in Schottland die Vermutung aussprach, Elisabeth könne eventuell, vielleicht und unter Umständen ein klein wenig eifersüchtig sein.

    Wie auch immer, anstatt näher zu einander zu finden, entfernten sich beide Königinnen immer weiter, was auf einer kleinen Insel mit zwei Reichen eine ungünstige Situation ist. Und die Mär von der weiblichen Solidarität auf die Probe stellt. Was immer die Eine tut, die Andere wittert eine Provokation. Marias Heirat mit Darnley, der trotz seiner schottischen Wurzeln englischer Staatsbürger und dazu noch ein weiterer Thronprätendent ist, erzürnt Elisabeth: er hätte um Erlaubnis fragen, Maria hätte um Entscheidungshilfe bitten müssen – diese Heirat ist in ihren Augen ein direkter Angriff auf ihren Thron. In den privaten Briefen zwischen beiden wird Freundschaft beschworen, in den diplomatischen Noten Konsequenzen angedroht. Als Darnley ermordet wird, reagiert Elisabeth gewohnt ambivalent: nach außen hin lässt sie verlautbaren, dass sie jeden Verdacht an Marias Mitschuld für unmöglich hält, im kleinen Kreis – der Kreise zieht – fragt sie sich, was geschehen sein mochte und weckt Zweifel an Marias Charakter.

    Es ist aber auch schwierig: alles, was Maria als gesalbte Königin tut, kann auf jede andere Königin zurückfallen und so ist Elisabeth gezwungen, im eigenen Interesse zu ihr zu halten. Auf der anderen Seite stellt Marias Existenz eine stetige Gefahr dar – Maria selbst wahrscheinlich weniger als diejenigen Engländer, die Elisabeth und ihre Regierung nicht wollen; Maria ist schlicht eine andere Möglichkeit, die genutzt werden könnte. Letztenendes werden die Unzufriedenen Englands nicht Elisabeths, sondern Marias Ende bedeuten.

    So lange Maria wohlverwahrt in Schottland ist und dort um ihre Krone kämpft, mit Kinderkriegen und Heiraten beschäftigt ist, ist Elisabeth scheinbar gesprächsbereit. Als aber alles über Maria zusammenbricht und sie auf englischem Boden als Flüchtige gelandet ist, da – ja, da weiß auch Elisabeth zunächst einmal nicht weiter. Lässt sie zu, dass eine Königin von Gottes Gnaden einfach so von ihrem Volk abgesetzt werden kann, so würde dies ein Beispiel für ihr eigenes Land bedeuten und Meuterer, zudem Katholische, gibt es genug. Was also tun? Maria erwartet ganz selbstverständlich das, was sie selbst wohl getan hätte: eine Einladung an den Hof und eine Armee, um ihr Land zurück zu erobern. Oder einen Ruhesitz nahe des Hofes? Vielleicht eine Rückreise nach Frankreich? Im schlimmsten Falle einen Klosteraufenthalt?

    Nun, Elisabeth schindet Zeit, wie üblich. Lässt Maria in eine Art Gästehaus verbringen, lässt sie vertrösten, reagiert verzögert auf Schreiben, sagt heute dies, morgen das und entscheidet erst einmal nichts. Diese Situation mit all ihren möglichen Konsequenzen bereitet ihr durchwachte Nächte und kalt und herzlos ist sie auch nicht. Was kann man tun? Sie ist durchaus willens, militärisch einzugreifen und Maria auf den schottischen Thron zurück zu bringen, wenn diese nur endlich den Anspruch auf die englische Krone aufgäbe – so sehr Maria Hilfe erhofft: dieser Preis ist ihr zu hoch.
    Doch auch die englischen Lords sind nicht einverstanden: müsse nicht erst einmal geklärt werden, ob Maria in den Mord an ihrem Mann vewickelt sei? Eine Mörderin sei es wohl kaum wert, ihretwegen Krieg zu führen.

    Der Prozess beginnt. Maria bestreitet dessen Rechtmäßigkeit: als Königin könne sie nicht vor einen gemeinen Gerichtshof gestellt und von diesem abgeurteilt werden. Von Schottland treffen die sogenannten Kassettenbriefe ein: Briefe, die angeblich von Maria und Bothwell geschrieben wurden und aus denen klar wird, dass beide schon vor Darnleys Tod ein Paar waren und der Mord geplant. Maria erklärt, dies seien Fälschungen. Bis heute weiß man auch hier nichts genaues, denn die Originale wurden vernichtet. Insgesamt passen diese Briefe zu gut in die Absichten Elisabeths und in die von Marias Halbbruder, der jetzt endlich, endlich in Schottland das Sagen hat. Der Prozess endet ohne rechtes Ergebnis wie von Elisabeth gewünscht und Maria bleibt in Haft.

    Eine Haft in immer unbequemeren Häusern, mit immer strengeren Wärtern und immer weniger Zugeständnissen. Ihre Dienerschaft wird reduziert, der Kronrat beginnt, über die Kosten zu jammern und Elisabeth zögert und zögert. Und wird dem Volk gegenüber strenger und strenger. Die Unzufriedenen werden mehr und sie suchen nach einer Veränderung und finden sie in Maria Stuart. Immer wieder kommt es zu Verschwörungen, die entweder dem politischen Unwillen, dem religiösen Hass oder einer romantischen Idee entspringen: dort ist unsere wahre Königin, schön und unschuldig, hinter Kerkermauern, während ein Bastard uns mit harter Hand regiert …

    Inwieweit Maria Stuart ihre Hand im Spiel hatte, treibend war – wir sagen es im Chor: man weiß es nicht genau. Es wurden ihr Fallen gestellt und in eine tappte sie hinein, in dem sie einen Brief beantwortete. Das sind Geschichten für die Ewigkeiten von geschmuggelter und überwachter Korrespondenz, von Neid und Eifersucht und Macht. Ganz klar ist, dass sie den Komplotten zur Absetzung Elisabeths zunehmend wohlwollend gegenüberstand und sich immer mehr zu schriftlichen Aussagen in diesem Sinne hinreißen ließ. Hätte sie um 1570 herum doch noch auf den englischen Thronanspruch verzichtet, so wäre es Elisabeth lieb gewesen, ihr den schottischen Thron zurück zu erobern. Aber da war Maria bockig: was genau sie sich versprach davon, wer kann das wissen? Das Selbstverständnis herrschender Könige war zu allen Zeiten ein anderes als das eines Bäckers.

    Nach 18 Jahren Haft und dem unermüdlichen Versuch Marias, Elisabeth zu einem persönlichen Treffen zu bewegen, war der Bogen überspannt. Elisabeth sah nur eine Möglichkeit, die ständigen Verschwörungen und Attentatsversuche auf ihr Leben zu beenden: Maria als Symbol der Aufständischen und Unzufriedenen musste weg. Beweismaterial war zu Genüge vorhanden, der Kronrat wartete schon seit Ewigkeiten auf die Gelegenheit und so kam es erneut zum Prozess, an dessen Ende Maria des Hochverrates für schuldig befunden wurde. Das Urteil lautete auf den Tod.

    Doch Elisabeth ließ sich Zeit mit der Unterzeichnung des Urteils. Nicht etwa, weil sie sich mitschuldig am Schicksal ihrer Cousine und Kollegin fühlte, sondern weil die Hinrichtung einer rechtmäßigen Königin ein ungutes Beispiel setzen könnte. Wahrhaftig versuchte sie den Wächter Marias – Sir Amyas Paulet – mit Andeutungen und Hinweisen dazu zu bekommen, Maria im Schlafe zu ermorden. Das lehnte er ab und so kam es zu Marias letztem großen Auftritt am 18. Februar 1587 im Schloß Fotheringhay.

    Ein schöner Tag zum Sterben?

    Kurz vor 10 Uhr betrat sie den Saal in einem schwarzen Kleid, einen weißen Schleier auf dem Haupte und zwei Rosenkränzen an Kleid und Hand. Bevor sie niederkniete, legte sie das schwarze Überkleid ab und ein rotes Unterkleid kam zum Vorschein – ein dramatischer Effekt, den alle Beobachter notierten. Bei der Wahl des Henkers hatte man keine allzu große Sorgfalt walten lassen: er war unerfahren und nervös und benötigte drei Schläge mit der Axt, bevor seine Arbeit getan war. Als er den Kopf griff, um ihn zum Beweis zu zeigen, habe er nur eine Perücke gefasst, was dazu führte, dass Marias Kopf wegrollte. Des Dramas nicht genug, sei noch ihr kleiner Schoßhund unter ihren Röcken hervorgekrochen. Diese Berichte machten Maria Stuart endgültig zur romantischen Heldin.

    Abguß von Marias Totenmaske

    Ob Elisabeth ihre Feindin vermisst hat? Es war die Frau, die Elisabeth am meisten interessiert hat, an deren Schicksal sie den größten Anteil genommen hat und die ihr vielleicht die beste Vertraute hätte sein können – die einzige Frau, die verstand, welche Aufgabe Elisabeth zu erfüllen hatte und welche Vorurteile widerlegt werden mussten. Hätte ein Treffen etwas an der Geschichte geändert? Hätte Elisabeth für Beistand in Schottland gesorgt, wenn Maria auf den englischen Thron verzichtet hätte? Wäre die ganze Geschichte von vorneherein anders gelaufen, wenn es für die männliche Welt um sie herum NICHT wichtig gewesen wäre, wie schön eine Frau zu sein hat?

    Elisabeth bei Mme. Tussaud

    Was mir bei der Betrachtung historischer Persönlichkeiten bis heute mißfällt, ist der selbstverständliche Sexismus, mit dem diese Betrachtung erfolgt: Schauen wir uns männliche Herrscher an, so ist auch dort die Rede von Charaktereigenschaften, aber sie spielen keine Rolle mehr, sobald es um Politik geht – selbst der absurdeste Thronanspruch wird noch ernst genommen und mit dynastischen oder wirtschaftlichen Gründen erklärt.

    Bei Maria wird das Bestehen auf einem reellen Anspruch hingegen zu weiblicher Torheit, zu falschem Ehrgeiz, zum „selbst schuld an dem, was kommt“. Marias und Elisabeths Zwist hatte politsche Gründe, aber er fand auch Nahrung im persönlichen Erleben der beiden. Das „Größer, länger, reicher-Spiel“ der Männer hingegen wird seltenst mit Eitelkeit, Gier oder Profilsucht erklärt. Jeder in seinem Kern noch so lächerliche Konflikt wird hier rein faktisch dargestellt.

    Ein Sonnenkönig beispielsweise kann seine Mätressen wechseln, wie er will und wird dafür noch gute Gründe untergeschoben bekommen, ja, dadurch erweist er sich erst als Manns genug, um einen Staat zu lenken. Katharina die Große hingegen kann nicht durch ihre Erfolge glänzen, ohne sich einen Hinweis auf ihr Schlampentun ersparen zu können. Während Ludwig der XIV. ein Wunder der Natur ist, regieren, essen, trinken, jagen, bauen und lieben kann und das alles zur gleichen Zeit und durch seine Mätressen beweist, dass er immer alles in der Hand hat, ja, sich nicht einmal vom Weibsvolk das Hirn vernebeln lässt, ist Katharina nahe an der Perversität, ihren Lüsten hilflos ausgeliefert und hat dabei nur das große Glück, immer wieder auf gute Männer zu treffen, die ihr mit Rat und Tat zur Seite stehen und ihr das Regieren durch Mithilfe erleichtern. Ja, genau so wird es gewesen sein …

  • Elisabeth oder des Zwistes 2. Teil

    Elisabeth oder des Zwistes 2. Teil

    Ohne lange Vorrede geht es los mit Elisabeth Tudor, Königin von England, nach der als erster ein Zeitalter benannt wurde und die England zur Seemacht führte.

    Elisabeth als Dreizehnjährige

    Elisabeth wurde am 7. September 1533 als Tochter Anne Boleyns und Heinrich VIII. geboren und ihr erster Eindruck von dieser Welt muss wohl Enttäuschung gewesen sein: sie war nicht der erwartete männliche Thronfolger, ihr Vater kein liebender Beschützer und ihre Mutter würde nicht mehr lange für sie da sein – kein schöner Beginn. Und es blieb holprig, schwierig und gefährlich in ihrer Kindheit und Jugend.

    Katharina Parr

    Nach der Hinrichtung ihrer Mutter und der Geburt ihres Halbbruders Edward wurde sie gemeinsam mit ihrer älteren Halbschwester Maria Tudor von der Thronfolge ausgeschlossen und erst durch Betreiben Katharina Parrs, Heinrichs letzter Frau, wieder eingesetzt. Katharina bemühte sich sehr um das ruhige, undurchschaubare Mädchen, das schnell gelernt hatte, seine Gefühle und Gedanken zu verbergen – Elisabeth erkannte früh, dass ein unvorsichtiges Wort am falschen Platze den Kopf kosten konnte. Diese Fähigkeit, sich zu verstellen, Dinge unausgesprochen zu lassen und sie dennoch durchzusetzen, sollte charakteristisch für sie werden.
    Und für diejenigen, die einer Frau den Thron nicht zutrauten, ein Beweis von Zaudern, Zagen und Ziellosigkeit des weiblichen Geschlechtes sein. Nun, 1547 starb ihr Vater und ihr neunjähriger Bruder bestieg den Thron. Er und Elisabeth hatten als Erste der Königsfamilie eine protestantische Erziehung erhalten, während ihre Schwester Maria eine sehr strenggläubige Katholikin war, die sich nach der Restauration des Glaubens sehnte – das wird für Elisabeth zur Feuerprobe werden.

    Thomas Seymour

    Zunächst einmal aber lebt sie am Hofe ihrer Stiefmutter Katharina, die sich nun endlich mit Thomas Seymour verheiraten kann – wir erinnern uns, sie gab ihn auf, als Heinrich ihr erklärte, sie habe seine Frau zu werden. Ob Thomas all ihr Sehnen und Schmachten wert war? Attraktiv soll er gewesen sein, an der Macht interessiert und offenbar an jungen Mädchen.
    Katharina war schwanger und Thomas hielt es für eine gute Idee, sich dem Schützling seiner Frau zuzuwenden – ganz harmlos natürlich. Was konnte schon dabei sein, in das Schlafzimmer der noch schlafenden Vierzehnjährigen zu gehen, um sie dort durchzukitzeln oder auf den Po zu klopfen? Sie war doch nur ein Kind und er übte gewiß nur für seine Vaterrolle. Seine Frau sah das nicht so und auch Elisabeths Gouvernante war empört.
    Wie Elisabeth das erlebte – wie immer: wir wissen es nicht. Meist wird es so ausgelegt, dass sie nicht abgeneigt gewesen sei, sich neugierig habe küssen lassen. In diesen Zeiten war sie nahezu heiratsfähig und sowieso genieße doch jedes Mädchen männliche Aufmerksamkeiten, aber wieder einmal habe ich Schwierigkeiten, mir das vorzustellen: während deine geliebte Stiefmutter durch Schwangerschaft an ihren Raum gefesselt ist, tritt ihr Mann dir immer wieder nahe, erscheint im Nachthemd – für diese Jahre mehr oder weniger nackt – an deinem Bett und schmeichelt dir in einem fort …
    Ich finde es verblüffend, dass man aus ihrem eher stillhaltenden Verhalten, ihrem Erröten nichts anderes als Einverständnis hat ablesen können, obwohl sonst immer von ihrer Doppelzüngigkeit, ihrem geschmeidigen Oppurtunismus die Rede war. Aber wie bei Maria Stuart: kommt erst einmal ein richtiger Mann daher, dann kann das Weib ja gar nicht anders, als sich wohlig seufzend zu ergeben.

    König Edward

    Wie es auch gewesen sein mag: Katharina starb im Kindbett und Thomas zögerte nicht lange, Elisabeth seine Hand anzubieten. Dass Elisabeth nicht gleich ablehnte, dass über Notare die Vermögensaufstellungen beider abgegelichen wurden, das schien Beweis dafür zu sein, dass Thomas Seymour ihre erste Liebe gewesen sei. Doch Eheschließungen des Adels mussten vom Kronrat abgesegnet werden. Dem der Lordprotektor vorstand. Der, die Welt ist so klein, sein Bruder war. Thomas gönnte ihm die bevorzugte Stelle als Lieblingsonkel des Königs nicht.
    Die Seymours hatten ja schon tüchtig nachgeholfen, Anne Boleyn für ihre Schwester Jane aus dem Weg zu räumen, nun gingen sie sich gegenseitig an den Kragen, was mit der Hinrichtung Thomas endete. Sich einfach eine Prinzessin unter den Nagel reißen zu wollen – das hätte er mal besser bleiben lassen. Sein Ende nahm Elisabeth recht gelassen hin, viel übler war für sie, dass sie nun verdächtigt wurde, keine Jungfrau mehr – also für den königlichen Heiratsmarkt wertlos – zu sein. Schlimmer noch: sie wurde verdächtigt, den Thron durch Mord an ihrem Bruder erhalten zu wollen.

    Doch Elisabeth war eine bemerkenswerte junge Frau: galt schon ihre Mutter als gebildet, sie war es noch mehr. Sie sprach sechs Sprachen fließend, las und übersetzte philosophische und religiöse Abhandlungen, musizierte, tanzte, ritt, war rhethorisch nahezu unschlagbar und in der Lage, sich immer den gewünschten Anschein zu geben, musste also eine große Kontrolle über sich haben. Dank all dieser Gaben konnte sie sich von jedem Verdacht befreien, doch immer wieder würde man diese alten Kamellen hervorholen, wenn es darum ging, ihr schaden zu wollen.
    Ihr Talent als Studentin führt übrigens zum ersten Mal dazu, dass sie als unweiblich wahrgenommen wird: ihre Hauslehrer, allesamt Meister ihres Fachs, loben sie in ihren Briefen einhellig, ihren scharfen Verstand, ihre schnelle Auffassungsgabe, ihren Geist, ihre Ausdauer – das alles sei über jedes Maß vorhanden. In diesen Dingen sei sie nicht das schwache Weib, sondern besitze geradezu männliche Gaben.
    Eine denkende Frau beweist also nicht, dass Frauen denken können, sondern nur, dass eine von ihnen männliche Eigenschaften habe. Elisabeths spätere Inszenierungen ihrer selbst werden immer zwischen diesen beiden Polen wandern: weibliche Körperlichkeit, männlicher Geist.

    Maria Tudor

    Im Juli 1553 starb Edward und benannte Jane Grey, eine Kusine Marias und Elisabeths zur Nachfolgerin und hier wird es – typisch für die englische Thronfolgerei – kompliziert: alle sind irgendwie untereinander verwandt, alle haben irgendwie Anspruch auf den Thron. Da wären nun also vier Frauen, die Königin werden könnten: Maria Tudor, Elisabeth Tudor, Maria Stuart und Jane Grey. Wer sich interessiert, kann nun für Wochen in dieses Durcheinander eintauchen und vergleichen, wer weshalb wieviel Anrecht hat und wer nicht. Wie auch immer: die beiden Tudor-Schwestern sind zwar Thronfolgerinnen, aber dennoch hatte ihr gütiger und weiser Vater es verabsäumt, sie auch wieder zu legitimieren, also als seine rechtmäßigen Töchter anzuerkennen. Edward war da, Edward sollte König werden, damit war für Heinrich alles geregelt.

    Die junge Jane Grey bestieg als Protestantin den Thron und machte sich noch in der gleichen Sekunde beim Volk durch hartes Durchgreifen unbeliebt. Maria hingegen war bekannt und beliebt – schlicht deshalb, weil sie für den Großteil der einfachen Menschen die einzige echte Königstocher der einzigen echten Königsgemahlin war. Maria proklamierte sich selbst zur Herrscherin und nach kurzem Hin und Her und einigen Metzeleien zog sie gemeinsam mit Elisabeth in London ein; Jane Grey landet im Tower, wo sie ihr Ende unter dem Schwert finden wird – ein Ergebnis, das Maria Tudor nicht wollte. Auch hier können wir uns fragen, wie das auf Elisabeth wohl wirkte: immerhin hatte sie mit Jane gemeinsam bei Katharina Parr gelebt; Thomas Seymour soll übrigens auch Jane nachgestellt haben.

    Maria Tudor also saß nun auf dem Thron und versuchte, die Zeit zurück zu drehen: sie heiratete den spanischen König Philipp, der immer wieder einmal zu Besuch kam, und wollte England in den Schoß der Mutter Kirche Roms zurück führen. Damit war es aus mit der Beliebtheit beim Volk, das auf einmal wieder auf Latein beten sollte. Mißtrauisch verfolgte sie jeden und bald war ihr auch Elisabeth verdächtig. So wie Jane Grey sterben musste, weil sie als Ikone der protestantischen Bewegung galt, so war auch Elisabeth deren Idol – in den Augen der Protestanten war Elisabeth die eigentliche Königin. Immer wieder verlangte Maria nach ihr, befragte sie scharf, verlor dabei auch die Contenance, schwankte zwischen verwandtschaftlicher Loyalität und Hass, der sich aus vielem heraus entzündete: Elisabeth als Tochter Anne Boleyns – hassenswert. Elisabeth als die Jüngere, die Kinder würde bekommen können – hassenswert. Elisabeth als die rein Englische – hassenswert.
    Noch vor Marias Heirat wurde eine Verschwörung aufgedeckt, die Elisabeth auf den Thron hätte hieven sollen; Elisabeth wurde in den Tower verbracht. Wie sie das empfand, welche Ängste sie gehabt mag – man weiß es nicht. Immer wieder wird behauptet, sie habe ihren Vater bewundert, verehrt, geliebt. Ich kann das kaum glauben: einen Mann, der sich kaum um sie kümmerte, der ihre Mutter töten ließ und nur an sich dachte? Es wird eher ein öffentliches Bekenntnis gewesen sein, um ihren Thronanspruch zu untermauern: „Sehet her, ich bin die Tochter dieses wahren Königs!“
    Aber im Tower festgehalten wird sie wohl oft an ihre Mutter und deren Ende gedacht haben; sie besaß einen Ring Annes mit deren Portrait, den sie zeitlebens trug und sorgte später immer für ihre Verwandten mütterlicherseits. Hier zeigt sich wieder einmal ihre Fähigkeit, nach außen anders zu erscheinen als es nach innen zu sein.
    Ihre Beteiligung konnte nicht nachgewiesen werden und Elisabeth wurde aus dem Tower entlassen; von Maria weiterhin mißtrauisch beäugt. Elisabeth hielt still und sich aus allem heraus, erschien nach außen gar katholisch. Bis Ende 1558 musste sie dieses Schauspiel durchhalten, dann starb Maria, geschwächt von vielen Scheinschwangerschaften an Unterleibskrebs, weder von Volk noch Ehemann sonderlich betrauert.

    Elisabeth war nun die Herrscherin eines Landes, das von Religionszwisten zerrissen, mit Frankreich im Krieg und wirtschaftlich am Boden war; all diese Schwierigkeiten löste sie in Rekordzeit, sozusagen als erste Amtshandlung. Wie Maria Stuart auch, war sie keine Fanatikerin in religiösen Fragen, aber deutlich weniger tolerant: sie erhob die anglikanische Kirche erneut zur Staatskirche, schon alleine deshalb, um nochmals ihre Legitimität als Tochter des ersten protestantischen Herrschers und seiner ersten protestantischen Frau zu unterstreichen. Auch ihre „Reinrassigkeit“ ohne jeden Tropfen ausländischen Blutes ließ sie gerne besingen. Überhaupt war sie Werbemaßnahmen gegenüber nicht abgeneigt: sie erschien nach all den wechselnden Königen und Königinnen als rettender Engel, ihr eher unscheinbares und blasses Äußeres erhob sie als Licht aus der dunklen Masse heraus.

    Elisabeth im Krönungsornat 1559

    Dem Land ging es schnell besser, Elisabeth machte ihre Sache perfekt, das konnte doch nicht so weitergehen. Immerhin war sie eine Frau, da musste man ja jeden Augenblick mit einer Katastrophe rechnen. Und einen Thronfolger brauchte man ebenfalls. Also stand ganz schnell, im Grunde in der Sekunde ihrer Krönung, die wichtigste Frage zur Debatte: Wen solle sie heiraten?
    Für Elisabeth war sicher schon lange vor ihrer Thronbesteigung klar, dass sie und sie alleine die Macht in Händen halten wolle und wenn man heute Scheidungskindern zubilligt, Beziehungen gegenüber skeptisch zu sein, um wieviel skeptischer dürfte Elisabeth wohl sein? Eine Ehe war sicherlich nicht ihr größter Lebenstraum.

    Robert Dudley, Earl of Leicester

    Auf der anderen Seite aber war da Robert Dudley, ihr geliebter Robin, den sie seit Kindertagen kannte, der ständig in ihrer Nähe war. Wäre er nicht schon verheiratet gewesen … wer weiß?
    Doch der Kronrat bevorzugte eh einen ausländischen Kandidaten, um Bündnisse (die selten die Flitterwochen überstanden) zu schließen. Und wie in Schottland hätte kein Lord dem anderen die Königin gegönnt. Elisabeth hörte sich jeden Vorschlag geduldig an, schien auf jeden einzugehen, spielte mit – und entschied sich für keinen. Sie tändelte hier, spielte dort, schickte Bildchen an diesen und Briefe an jenen, ließ Bewerber kommen, tanzte, plauderte und flirtete, machte Prinzen und Kronrat Hoffnungen und bedauerte dann zutiefst.
    Es war wie im Märchen vom König Drosselbart: dieser zu katholisch, jener zu unbedeutend, dieser zu jung, jener zu alt; dieser will England erobern, jener England ausbluten und überhaupt habe sie gerade keine Zeit, – sie habe wichtigeres zu erledigen.
    Der Kronrat verzweifelte, man machte ihr Vorhaltungen, denen Elisabeth oberflächlich zustimmte: Ja, sie sei ein schwaches Weib, ja, sie sehne sich nach Mutterschaft, jajajaja. ABER! Dieses Theater spielt sie sieben Jahre lang mit, dann verbietet sie ihrem Kronrat jede weitere Einmischung. Doch als sie schon weit über das Kinderkriegenkönnen hinaus war und niemand mehr eine Heirat von ihr verlangte, brachte sie selbst immer wieder einmal einen Kandidaten ins Spiel.

    Königin Elisabeth mit etwa 50 Jahren

    Wie keine andere, wie kein anderer, verstand Elisabeth es, sich gut zu verkaufen: keine gute Tat, keine Tat überhaupt blieb unbenannt und in Schriften, Flugblättern und Pamphleten weiter getragen. Bald schon sprach sie von sich als der königlichen Jungfrau, die nur mit England und England allein verheiratet sei, der ihr Volk die Kinder seien und die nichts anderes im Sinne habe, als sich mit Leib und Leben, mit Geist und Verstand für diese Kinder, diesen Boden einzusetzen.

    Im Laufe der Jahre ließ sich die Jungfrau – hold und rein und jung – schlechter darstellen: Elisabeth wandelte sich in ihrer Darstellung zur Feenkönigin, die weise, edel und gut, als ein fast schon überirdisches Wesen über ihr Reich wachte. Immer wieder im Sommer reiste sie mitsamt ihrem Hofstaat durch das Land, um sich dem Volk verständnisvoll und mütterlich zu zeigen und dabei so manch einen Edelmann zu ruinieren, indem sie bei ihm übernachtete. Unkompliziert sei sie und er solle sich nicht anstrengen, ihr etwas Besonderes zu kredenzen, so ließ sie gerne wissen. Ihre Untergebenen deuteten ihre Anspruchlosigkeit richtig: mit simplen Genüssen und schlichter Wohnstatt wäre sie schnell unzufrieden gewesen. Diese Reisekönigin zieht noch heute als Queen Bess durch viele Anekdoten und es wimmelt von englischen Landsitzen, die mit einem Schlafzimmer aufwarten können, in denen Elisabeth nächtigte – bringt sicher ein gutes Pfund mehr im Eintrittskartenverkauf ein.

    Elisabeth schaffte vieles, war politisch meist weitsichtig, ging aus vielen Auseinandersetzungen als Siegerin hervor und begann sicher wie andere Herrscher auch mit den besten Vorsätzen, ja, sie begann sogar mit besseren persönlichen Vorraussetzungen als die meisten. Doch im Laufe der Jahre gab es immer wieder Unruhen und Elisabeth erwies sich als echte Tudor: immer strenger wurden die Gesetze, immer schärfer die Verbote, immer drakonischer die Strafen und bald reichte es nicht mehr aus, nur nette Schriften und feengleiche Abbildnisse in Umlauf zu bringen – Streitschriften und hämische Pamphlete mussten eingesammelt und vernichtet werden, Schreiber, Verleger und Drucker zum Schweigen gebracht werden. Was noch weniger Freunde macht, noch mehr Druck erzeugt. Und da kommt Maria Stuart wieder ins Spiel, aber davon, liebe Kinder, berichte ich euch beim nächsten Mal (wer erinnert sich an diese Sendung?)

    Unbestritten ist, sie hat ein mächtiges Reich, eine Seemacht und damit die Vorrausetzungen für das Britische Imperium geschaffen. Sie musste dabei gegen Vorbehalte ankämpfen, denen sich kein König je stellen musste: sie hatte das falsche Geschlecht, war damit eine Gottesstrafe für Thron und Land, und alles, was sie tat, wurde danach beurteilt, dass sie eigentlich gar nicht könne, was sie tat.
    Und wenn man schon nicht abstreiten kann, dass diese Herrscherin großes für ihr Land leistete, dann kann man doch immerhin bestreiten, sie sei wirklich eine Frau gewesen. Es gibt wahrhaftig Thesen, die sie zu einem Hermaphroditen (das wäre ja auch zu schrecklich!) oder gleich zu einem Mann machen. Elisabeth sei als Kind schon gestorben und man habe dem liebenden Vater einen rothaarigen Jungen untergeschoben, da dieses Kind ihr von allen verfügbaren am ähnlichsten gewesen sei; ansonsten habe man den Zorn des Fürsten fürchten müssen. Man müsse sich ja nur ihre Portraits anschauen: diese Nase, diese langen Händen, der Körperbau, der 90-60-90 so ganz vermissen lasse, ihr deckendes Bleiweiß-Make up, die Perücken, die pompös überladenen Kleider. Wie immer kommt man zum Schluß, dass, wenn eine Frau etwas schafft, mit ihr etwas nicht stimmen könne. Schafft sie es nicht, so stimmt das Bild wieder, das da sagt, dass Frauen eben nichts schaffen können.

    Wie Elisabeth selbst sich wahrnahm? Sie war eine sehr eifersüchtig, wie auch ihr Vater es schon war. Durchaus von sich überzeugt, aber typisch weiblich an ihrem Äußeren zweifelnd und daher sehr begierig, sich immer gelobt und bewundert, geliebt und angebetet zu sehen. In ihren späten Lebensjahren wird diese Koketterie, dieses Gieren nach Komplimenten für Spott und Häme sorgen. Hinter ihrem Rücken natürlich, nach vorne hin wurde sie mit dem Gewünschten bis zur Lächerlichkeit hin bedient; kaum ein Lob war ihr ausgefallen oder übertrieben genug.

    Elisabeth mit etwa 60 Jahren

    Ihr geliebter Robin starb 1588; ein zweiter Robert tauchte auf, der der alternden König den Hof machte und sie dann hinterging, einen Aufstand anzettelte und das mit seinem Leben bezahlte. Hat sie sich nach einer Beziehung gesehnt, hat sie eine oder mehrere unterhalten?
    Von Gegnern wurde ihr das vorgeworfen, verlogen und triebgesteuert wie ihr Vater, unehrlich und ehrgeizig wie ihre Mutter sei sie. Eitel, egoistisch, eigensinnig. Kritisch, kokett, klatschsüchtig. Aber vermutlich auch oft sehr einsam, traurig und von der alleinigen Verantwortung für einen Staat, der zwischen so vielen Ansprüchen zerissen war. In den letzten Jahren ihrer Regierung sehnte sich das Land nach einem frischen Wind.
    Im Alter von 69 Jahren starb Elisabeth I. am 24. März 1603 nach 45 Jahren Regierungszeit; die Legendenbildung um sie als der jungfräulichen Feenkönigin hatte schon lange vor ihrem Tode eingesetzt und hält bis heute an.

  • Maria Stuart oder des Zwistes 1. Teil

    Maria Stuart oder des Zwistes 1. Teil

    Ich möchte mit zwei Feststellungen und einer Aussage  beginnen, dir mir wichtig ist: Ich bin keine Historikerin, bin nicht der Objektivität und der Überprüfung aller Quellen verpflichtet; es ist einfach ein Essay, zu dem mich diese Damen angeregt haben.

    Gut, das habe ich erledigt, um was geht es (mir)? Es geht um zwei Königinnen, es geht um Schönheit, um Weiblichkeit, um Machtstreben, Kontrolle, Gefühl und um die Wahrnehmung dieser beiden Frauen. Und es geht um den Streit, den viele zum Mittelpunkt ihrer Betrachtung und Bewertung machen. Aber so versucht ich bin, jetzt schon genau zu erklären, was ich meine: das muss bis zum dritten Teil warten. Erst einmal sollten wir beide Frauen kennen lernen.

    Zu Elisabeth I. von England werden wohl die meisten etwas zu sagen wissen, bei Maria Stuart, Königin von Schottland, sieht es schon anders aus; selbst die (deutschen) google-Seiten listen mehr Schiller als Maria auf. Schiller hatte sich übrigens vor dem Schreiben seines Stückes intensiv vor allem mit Maria beschäftigt und eine Vorliebe für die romantische Verliererin spricht aus seinen Zeilen. Allerdings hat er aus dramaturgischen Gründen (und vielleicht aus männlicher Überheblichkeit heraus?) die Wahrheit beiseite geschoben und genau jenen Zwist zum Kern seines Stückes gemacht und im Grunde genau das heraus gefiltert, was beiden Frauen bis heute unterstellt wird. Aber dazu mehr im dritten Teil.

    Chronologisch müsste ich mit Elisabeth als der Älteren beginnen, aber da ich meine Schönheitsreihe assoziativ zusammen gestellt habe, lasse ich Maria den Vortritt. Denn von Anne Boleyn zu Maria Stuart lässt sich der Bogen leichter schlagen als zu ihrer Tochter.

    Maria Stuart im Alter von ~ 11-13 Jahren

    Maria wurde am 8. Dezember 1542 in Schottland als Tochter von König Jakob IV. von Schottland und seiner zweiten Frau Marie de Guise geboren; nur wenige Tage darauf verstarb ihr Vater und Mary Stewart wurde zur Königin gekrönt. Doch Schottland war ein raues Land mit rauen Sitten und der Thron umkämpft. So ließ Marie de Guise die Tochter in ihr Heimatland Frankreich verbringen – in Sicherheit und als zukünftige Braut des französischen Dauphins, mit dem zusammen sie erzogen wurde; aus Mary Stewart wurde Maria Stuart.
    Wie auch Anne Boleyn genoß sie eine hervorragende Ausbildung, sprach mehrere Sprachen fließend, dichtete, musizierte, stickte, war eine gute Reiterin und Falknerin und wuchs recht glücklich heran, während es in Schottland drunter und drüber ging. Ihr Schwiegervater sagte von der Elfjährigen, sie sei gebildet und belesen wie eine 25jährige, er schätzte ihre Konversation sehr. Zeitgenossen beschrieben sie als lebhaft, freundlich, intelligent, temperamentvoll und hübsch mit dunklen Augen, roten Locken und zarter Haut.

    Maria mit ihrem Mann Dauphin François

    Im Alter von fünfzehn Jahren wurde sie mit Dauphin Franz vermählt; beide waren sich von Kindheit an sehr zugetan. Ein Jahr später starb der König und Franz und Maria bestiegen den Thron. Franz war von kränklicher Natur und überließ seiner Gattin weitestgehend die Regierung. Ein weiteres Jahr danach schon starb der junge König und ließ eine untröstliche Witwe zurück, der schnell klar wurde: sie hatte nicht nur einen geliebten Ehemann verloren, sondern auch Frankreich, das Land, das ihr Heimat war und blieb. Ihre Schwiegermutter, Katharina de Medici, war ihr nicht wohlgesonnen; ein Gefühl, das wohl auf Gegenseitigkeit beruhte. Ein gutes halbes Jahr nach dem Tode ihres Mannes verließ die Neunzehnjährige Frankreich, um nach Schottland zurück zu kehren.

    Maria als neunzehnjährige Witwe

    Und jetzt stellen wir uns das vor: eine sehr junge Frau, hübsch, gebildet, selbstbewußt, katholisch, kehrt nach Jahren in ein Land zurück, das von sich bekriegenden, größtenteils protestantischen Lords zerrissen wird. Empfangen von einem nicht thronberechtigten und neidischen Halbbruder einerseits und einem fanatischen Religionsführer namens John Knox andererseits. Von den Renaissancepalästen Frankreichs in die kalten Burgen Schottlands.
    Mehrere Male muss sie sich mit John Knox auseinander setzen, der gegen sie als „Buhlerin Roms“ hetzt. Und sie verweigert den Dialog nicht, gibt gelassen Antwort, ist rhethorisch geschickt und sichert aus fester eigener Überzeugung zu, dem Volk keine Religion aufzuzwingen, erbittet sich dabei selbiges Recht für ihre Person aus. Sie möchte keine Blutige Maria werden, wie es Königin Maria Tudor für England war, als sie mit allen Mitteln versuchte, den Katholizismus wieder zu etablieren. Obwohl selbst eine gläubige Katholikin ist sie für Toleranz in dieser für Europa so explosiven Frage. Doch das Mißtrauen ihr gegenüber bleibt: eine junge Frau mit einer Wirkung auf Männer, mit ihren französischen Sitten und der unverständlichen Liebe zu Musik, Tanz und Literatur, ist nicht das, was die Lords sich wünschen: wenn sie schon bleiben muss, dann soll sie heiraten.

    Hier haben wir also zum ersten Mal in meiner kleinen Serie eine Frau, wie sie doch eigentlich sein sollte:
    Schlank, groß, schön, feminin, dem Guten und Schönen zugewandt, freundlich, entgegenkommend, von Kopf bis Fuß königlich und bestrebt, ihr Land mit Milde und Güte in eine neue Zeit zu führen, dabei aber doch fest an ihr Königsrecht denkend – nun müssten doch wirklich alle glücklich sein? In der Tat bestreiten weder Freund noch Feind ihre schöne Erscheinung, nein, es wird immer wieder betont, keines ihrer Bilder sei ihr jemals gerecht geworden. Man ist hingerissen von ihrer Anmut, ihrer Konversation, ihrem Auftreten. Aber kaum hat eine Frau alles, was sie haben soll, was an anderen als fehlend bemängelt wird, so gerät sie in die nächste Falle: Hexe, Hure oder Heilige. Und hier wird Maria scheitern.

    Während Wallis Simpson und Anne Boleyn von Um- und Nachwelt als hurende Hexen und hexende Huren gebrandmarkt wurden, wird Maria Stuart zwischen den Polen Heilige und Hure treiben und vielen, wenn nicht den meisten Biographien ist zu eigen, dass sie entweder als das Eine oder das Andere vom Schreiber gesehen wird: die aufrechte Katholikin, die sich in einer Männerwelt zum Scheitern verurteilt sieht aka die Heilige oder die dekadente Herrscherin mit Männerverschleiß und beschränktem Horizont genannt die Hure.

    Gut, Maria soll heiraten und im Gegensatz zu ihrer Cousine Elisabeth ist sie dazu bereit, steht aber vor den gleichen Schwierigkeiten: welchen Lord sie auch nähme, die anderen sähen darin einen Affront und ein Bürgerkrieg bräche los. Diverse Könige und Prinzen stünden bereit, nähmen aber zu viel Einfluß auf das kleine Land und würden neue Abhängigkeiten schaffen. Sie entscheidet sich für ihren Cousin Henry Stuart, Lord Darnley. Und ich kann nur sagen: wir haben wohl alle einmal in jungen Jahren einen Typen ganz, ganz toll gefunden, der es nicht wert war; bei dem wir uns noch heute fragen, wie das nur passieren konnte – wir mussten den aber nicht gleich heiraten …

    Maria mit ihrem zweiten Mann Lord Darnley

    Darnley war im gleichen Alter und sein größter Vorzug war offenbar seine Größe: endlich einmal ein Mann, der nicht von Maria überragt wurde. Er schien ihr zugetan und an den schönen Künsten interessiert, gehörte keiner Fraktion an und war ein Verwandter. Doch schon bald nach der Hochzeit dürfte Maria mit Entsetzen festgestellt haben, dass ihr Gatte nicht nur oberflächlich, sondern auch kindisch, egoistisch und eifersüchtig war, dazu trank er mehr, als ihm gut tat und benahm sich insgesamt so, dass man an seinem Verstand und seiner Einsicht zweifeln musste. Sein ständiges wehleidiges Gejammere, er wolle mehr Anteil an den Staatsgeschäften, half ihm in ihren Augen nicht: sie wandte sich innerlich von ihm ab.

    Darnley war leicht zu beeinflußen und das nutzten die Lords: sie redeten ihm ein, so dürfe ein niederes Weib ihren Mann nicht behandeln und stachelten ihn auf, darauf vertrauend, ihn als König leichter lenken zu können als Maria. Maria hatte sich einen kleinen Hofstaat geschaffen bestehend aus Menschen, denen sie vertraute und die die gleichen Werte und Vorlieben hatten wie sie; viele sollten bis zu ihrem Ende treu zu ihr stehen. Unter anderem hatte sie einen italienischen Sekretär namens David Rizzio, der des öfteren mit ihr musizierte.
    Der italienische Mann an sich wird ja von Geschlechtsgenossen anderer Herkunft ganz gerne einmal mißtrauisch beäugt; Darnley machte da keine Ausnahme. Ob Maria eine Beziehung zu ihm unterhielt oder nicht – man weiß es nicht; ähnliches wird man sich zwei Jahrhunderte später bei Marie Antoinette und Axel von Fersen fragen. Da Königinnen selten unbeobachtet sind, spricht einiges dagegen, allerdings lässt sich für willige und clevere Liebende ja immer eine Möglichkeit finden. Doch wo selbst ein Heinrich VIII ungeniert und offen eine Hofdame nach der anderen auf sein königliches Lager ziehen durfte und ihn das zu noch mehr Mann machte, galt das für eine Königin aus eigenem Recht nicht (für royal consorts, wie Anne bewies, natürlich noch viel weniger – das war Hochverrat. Hat natürlich überhaupt rein gar nichts mit zweierlei Maß oder so zu tun …). Allein der Verdacht, Maria könne in einem anderen Mann mehr sehen als in ihrem eigenen, reichte schon aus, um sie zur männermordenden Verführerin zu stempeln.

    David Rizzio, Dichter, Musiker, Sekretär

    Das mit dem männermordend ist so eine Sache: Darnley, dumm, eifersüchtig und ehrgeizig, stürmte eines Abends in Begleitung einiger seiner Trinkkumpane bzw. einigen Schottlands Wohl im Auge habenden Lords das Gemach seiner hochschwangeren Frau, die mit Rizzio UND einigen Freunden in ihrem Gemach musizierte und erzählte.
    Rizzio wurde gegriffen und vor den Augen Marias erstochen; in ihrem Blutrausch wandten sich einige der Verschwörer auch gegen Maria selbst. Das war Darnley zu heftig, er stellte sich rettend vor sie. Man vermutet, er wollte sein ungeborenes Kind und damit sein Anrecht auf den Thron schützen. Maria wurde unter Hausarrest gestellt, doch – böse Verführerin, die sie war – gelang es ihr, den Gatten zu erweichen: ihr Gefährte solle er sein, König aus eigenem Recht werden, alles versprach sie ihm und er glaubte es gerne und so entflohen sie gemeinsam.

    Die schottischen Lords – manchmal möchte man meinen, es ging ihnen nur um Zank und Streit und Intrige an sich: Darnley hatten bei ihnen verspielt und zählte nichts mehr. Untereinander waren sie sich eh nicht grün. Und so boten sich nun einige von ihnen der Königin an, die ihren Abscheu vor Darnley gar nicht mehr verbergen konnte und mochte – was diesen sehr erschütterte; er hatte sich nicht vorstellen können, dass so eine Kleinigkeit wie die blutige Ermordung eines Freundes solch eine Wirkung auf seine Frau haben konnte. Dass Frauen sich auch immer so haben müssen …

    Ob Maria von den Lords eingeweiht wurde, ob sie maßgeblich beteiligt war oder von nichts etwas ahnte – nix genaues weiß man nicht und je nachdem, als was man Maria Stuart sehen will, möchte man auch nichts wissen. Für die einen hat sie es geplant und gefordert, für die anderen war sie unschuldig wie ein Lämmchen. Wie so oft wird die Wahrheit in der Mitte liegen: sie mag es geahnt haben, sie mag es nicht verhindert haben, aber willentlich das Folgende herbeigeführt haben wird sie eher nicht.
    Die Entfremdung zwischen Maria und Darnley war offensichtlich, ihr Abscheu groß, seine Verzweiflung um seiner selbst willen und an der bösen Welt, die ihm so garstig gegenüber stand, riesig. So verließ er das böse Edinburgh und kehrte nach Glasgow zu seinem Vater zurück. Wo er erkrankte. Entweder an den Pocken oder (gemein: was besser zu ihm passen würde) an Syphillis. Weshalb Maria ihn bat, zurück zu kehren – erneut ein großes Fragezeichen. Doch sie tat es, er kehrte zurück, jedoch nicht ins Schloß, sondern in ein Haus außerhalb der Stadt, wo er genesen sollte. Und dieses Haus flog in die Luft und mit ihm Darnley. Oder so ähnlich, denn er wurde im Garten gefunden, kaum bekleidet und unverletzt. Doch tot. Vermutlich erdrosselt. Hmmm …

    James Hepburn, Earl of Bothwell

    Unter den Verschwörern befand sich James Hepburn, Earl Bothwell, der sich mehr als nur ein wenig für Maria interessierte. Es gab einen Prozess um die Ermordung Darnleys, Bothwell stand vor Gericht und wurde freigesprochen. Und drei Monate später war er Marias dritter Mann. Der Weg dahin wird ganz unterschiedlich geschildert:
    Maria und er seien schon ein Liebespaar gewesen, als Darnley noch lebte und hätten gemeinsam seinen Tod beschlossen; sie habe dafür gesorgt, dass er freigesprochen werden würde. Danach hätten sie die Entführung und das gewaltsame Festhalten Marias inszeniert, um die Königin als Opfer und nicht als Täterin erscheinen zu lassen.
    Oder aber Bothwell habe um jedem Preis sowohl König als auch Liebhaber Marias werden wollen, habe ohne ihr Wissen den kranken Gatten entsorgt, brachte hernach die Königin in seine Gewalt, zwang sie über drei Tage und Nächte in sein Bett und gab ihr ihre Freiheit nur für das Versprechen, ihn zu heiraten.

    Wir sehen, wieder einmal dürfen wir uns nur zwischen Heilige und Hure entscheiden.

    Maria Stuart hatte eine enorme Anziehungskraft auf Männer, was in allen Beschreibungen durchschimmert und was sie verdächtig macht: ist eine Frau nicht schön, so ist es ihr Fehler. Ist sie es: umso schlimmer. Sie war gerade einmal 25 und hatte schon zwei Thronbesteigungen, zwei Ehen und zwei Morde erlebt. Von solch einer Frau zu erwarten, dass sie ruhig und gefasst und moralisch unberührt bleibt, ist schon stark. Bothwell wird oft  als eher grob, übermännlich und überwältigend beschrieben – zumindest dann, wenn der Fokus des Berichtes auf Maria liegt. Denn wenn sie solch einen Mann ehelicht, kann doch was mit ihr nicht stimmen. Geht es aber um Bothwell selbst, dann ist das Bild ein anderes:

    Acht Jahre älter als Maria war er maßgeblich an ihrer Rückkehr nach Schottland beteiligt. Obwohl Protestant hielt er dem Thron die Treue, schlug den Aufstand ihres Halbbruders nieder und gehörte zu denjenigen, die Mäßigung und Toleranz im Lande wollten. Auch die Ermordung Darnleys erscheint anders, wenn Maria nur Nebenfigur in der Biographie eines Mannes ist; dann auf einmal kommt der Verdacht auf, Darnley sei von Mitgliedern seiner eigenen Familie getötet worden, um die Königin zu diffamieren und ihrem Halbbruder doch noch den Weg zur Macht zu ebnen. Dieser Unterschied in der Darstellung gleicher Ereignisse, wenn es sich um weibliche oder männliche Protagonisten handelt, ist frappant – das zeigt sich später auch in dem Konflikt zwischen Elisabeth und Maria sehr schön.

    Bothwell scheint also vielen im Wege zu stehen und viele Strippen scheinen gezogen zu werden, um ihn zu beseitigen – dieses Mal durch Rufschädigung. Maria ist also zu Besuch auf seinem Schloß, er bittet sie um ihre Hand und sie stimmt zu, nachdem sie einige Zeit zuvor einmal abgelehnt hatte. Beim ersten Antrag war er fern, beim zweiten nah. Da liegt für manche Historiker der Verdacht nahe, dass seine umwerfende und virile Männlichkeit wohl den Ausschlag gab und da schwingt für mich mit, dass viele den Wunsch hatten, ihr Lieblingsklischee erfüllt zu sehen: eine Frau, die nein sagt, meint ja und nachdem der Mann sich sein von der Natur gegebenes Recht genommen hat, ist sie glücklich und ganz sein … um es konkret zu sagen: gerade in älteren Biographien findet sich die Darstellung einer Frau, die entführt und von einem Grobian vergewaltigt nichts besseres zu tun hat, als ihn zu ehelichen, wenn auch erzwungenermaßen. Und da mischen sich Hure und Heilige aufs Schönste.
    Die Vorstellung, auch Maria Stuart könne politisch gehandelt haben, könne versucht haben, einen (vordergründig) zwischen Katholizismus und Protestantismus zerriebenen Staat stabil zu halten, in dem sie einen Protestanten aus eigenen Landen zum Mann nahm – nein, diese Idee ist lachhaft, denn Maria war ja der Inbegriff des Weiblichen, so weit hätte sie nicht denken können.
    Ob sie es tat, was wirklich geschah – wieder einmal: man weiß es nicht. Doch Maria – wir wiederholen es noch einmal – war klug, gebildet, tolerant, machtbewusst, lebenserfahren, war Ehefrau, Mutter, Königin. Das häufig gezeichnete Bild einer törichten Frau, die Männer ins Verderben riss und von diesen in selbiges gestürzt wurde, weil sie zu schwach war zu widerstehen: das kann ich einfach nicht in ihr sehen. Wie immer überlege ich, wie ich mich gefühlt hätte in der einen oder anderen Situation, versuche mir vorzustellen, diese oder jene Eigenschaft zu besitzen oder denke an Frauen, die ich kannte und an deren Handlungsweise.

    Maria Stuart, Königin von Schottland

    Wie nun auch immer, Bothwells Heirat war ein Fehler, nun wurde er als Königsmörder, Vergewaltiger, Thronräuber und Landesverräter hingestellt – hinter dieser Aktion steckte wieder eimal der Halbbruder Marias, den ich bislang nicht einmal mit Namen nannte. Das bleibt auch so, denn allem Anschein nach war das eine wirklich miese Type, an der Hollywood seine Freude hätte. A propos Hollywood: gestern abend erst wurde ich auf eine Serie aufmerksam, die gerade läuft. Ich sah einen Trailer und meinte, es müsse wohl eine Art Games of Thrones-Abklatsch sein, mit all diesen Fantasykostümen und den dramatischen Gesichstausdrücken. Bis der Titel erschien: Mary Stewart … auch ohne das zu schauen, bin ich sehr sicher, dass DAS absolut NICHTS mit der echten Maria zu tun hat. Die Serie „Die Tudors“ war schon übel, aber offenbar doch noch zu überbieten. Als Geschichtsfreak und -snob kann ich solch grobe Geschlichtsklitterung gar nicht ertragen.

    Zurück nach Schottland: alles erhob sich, alles kämpfte, alles wollte die Macht und es endete damit, dass Bothwell in die Niederlande und Maria ohne ihren Sohn nach England floh. Zu ihrer Cousine Elisabeth I., von der sie Hilfe erwartete …

    Und weil es mir ab hier unmöglich ist, Elisabeth weiter aus dem Spiel zu halten – was bis hierher schon schwierig genug war – ist nun endlich, endlich Schluß. Ich weiß jetzt auch wieder, weshalb die Sache mit „Ich schreibe meinen kleinen Krimi bestimmt bald mal“ nie was wird: vor drei Tagen habe ich diesen Beitrag begonnen und nach zwei Stunden entschieden, doch noch schlafen zu können. Heute sitze ich schon seit kurz nach drei daran und habe jetzt Hunger. Fünf Stunden für so ein bißchen … nach Rechtschreibfehlern suche ich später, für heute reicht es. Hoffentlich nicht zu weit hinaus geht es dann um Elisabeth, die in den Augen von Zeitgenossen und Biographen unter einem Mangel an Schönheit und Weiblichkeit und damit unter einem Mangel der 6 weiblichen Buchstaben litt: Hexe, Heilige, Hure, Kinder, Küche, Kirche. Wieder eine Frau, die es nur falsch machen konnte.